- Gartengenuss
Pilze – Anbauen statt sammeln
Foto: Antelope/Adobe Stock
Fruchtende Shiitake
Als Kultur im Garten sind Pilze noch wenig verbreitet. Dabei gelingt der Anbau von Austernseitling und Shiitake auf Holzstämmen zuverlässig. Pilze anzubauen macht Spaß, wachsen sie doch ganz anders als das vertraute Gemüse. Und: Sie wachsen dort, wo sonst kaum Gemüse wächst. Nutzen Sie schattige, feuchte Gartenecken und erweitern Sie Ihre Anbaufläche.
Rund 20 Pilzarten eignen sich für den Freilandanbau. Ein guter Einstieg gelingt mit Austern- und Limonenseitlingen (Pleurotus ostreatus, P. citrinopileatus), sie wachsen schnell. Etwas mehr Zeit lässt sich der Shiitake (Lentinula edodes), bis zur ersten Ernte können zwölf bis 24 Monate vergehen – doch sein Geschmack und recht planbare Ernten belohnen das Warten.
Einfach anders als Gemüse
Pilze sind weder Pflanzen noch Tiere, sie bilden das eigenständige Reich der Pilze. Deshalb heißt es beim Anbau: umdenken. Die meisten Edelpilze wachsen auf Holz oder Stroh. Edelpilze heißen die kultivierten Speisepilze, außer Champignons. Als sogenannte Primärzersetzer ernähren sie sich von den Holzbestandteilen Lignin und Cellulose. Champignons und Schopftintlinge brauchen ein vorverdautes, kompostartiges Substrat (Sekundärzersetzer), das im Garten kaum herzustellen ist.
Statt säen, wachsen, reifen, ernten wie beim Gemüse heißt es bei der Pilzkultur: impfen, durchwachsen, lagern, ernten. Mit Holzdübeln bzw. Getreidekörnern, die vom Pilz durchwachsen sind – der sogenannten Pilzbrut – bringen Sie den Pilz ins Holz. Brut zum Impfen des Holzes können Sie im Internethandel bestellen (s. Bezugsquellen).
Das Pilzgeflecht (Myzel) durchwächst das Holz, und bei passender Temperatur und Feuchtigkeit bilden sich Fruchtkörper, die wir gemeinhin als „Pilz“ ernten. Der eigentliche Pilz ist das Myzel, das verborgen im Holz bzw. im Boden wächst.
Eigene Pilze lohnen sich
Der Handel bietet das ganze Jahr über frische Shiitake, Seitlinge und Co. an. Doch sind sie mit Preisen von bis zu 25 Euro/kg relativ teuer. Auf Holzstämmen selbst gezogene Pilze sind deutlich günstiger, denn davon können Sie mehrere Jahre lang ernten.
Ernährungsphysiologisch sind Pilze überaus gesund: Sie enthalten Eiweiß, Mineralien und neben den Vitaminen C und D auch B12, das sonst vor allem in tierischen Produkten enthalten ist.
Foto: Flora Press/Otmar Diez
Pilzbeet mit Austernseitlingen
Der richtige Zeitpunkt
Hauptsaison für das Anlegen von Pilzkulturen ist das Frühjahr. Pilzbrutlieferanten bieten dann das größte Sortiment an. Auch frisches Holz vom Winterschnitt ist jetzt gut zu bekommen. Auf Holz können Sie dann frühestens im selben Herbst ernten.
Auch im Herbst oder Winter, wenn kaum Gartenarbeit anfällt, können Sie Holzstämme impfen. Dann sollten Sie das Pilzmyzel jedoch in den ersten acht Wochen vor Frost schützen (Lagerung im Keller, in der Garage oder in einer Miete). Das Durchwachsen der Stämme dauert bei Herbst-/Winterimpfung wegen der geringeren Temperaturen länger.
Hauptsache schattig!
Ob Sie Pilze auf Stroh oder Holz anbauen, geeignete Stellen im Garten bzw. rund ums Haus sind schattig, windstill, gleichmäßig temperiert und feucht: z.B. die Nord-Seite, unter Bäumen und Sträuchern oder neben Hecken. So können Sie Standorte nutzen, die für Gemüse ungeeignet sind. Wind und direkte Sonne trocknen Pilzkulturen zu sehr aus. Sie können die Kulturen auch mit einem kleinen Dach aus Holz oder Schilfmatten beschatten.
Wissen, was man isst
An Holz und Stroh können auch andere Pilzarten erscheinen als beabsichtigt. Ernten und essen Sie nur Pilze, die Sie zweifelsfrei identifizieren können. Sind Sie sich unsicher, fragen Sie den für Ihre Region zuständigen Pilzsachverständigen.
So starten Sie den Anbau
Edelpilze wachsen auf Laubholz. Fast alle Laubholzarten sind für den Anbau geeignet. Jede Pilzart bevorzugt aber bestimmte Holzarten (siehe Tabelle unten). Auf Nadelholz wachsen nur wenige Speisepilze, etwa der Graublättrige Schwefelkopf und der Taubenblaue Seitling.
Weichholz wie Weide, Birke oder Pappel ist rasch besiedelt und bringt eine frühere Ernte als Hartholz. Hartholz dagegen ist nähstoffdichter, und das Durchwachsen dauert länger. Dafür können Sie länger ernten. Weichholz liefert drei bis vier und Hartholz fünf bis sieben Jahre lang Ertrag.
Die Qualität des Holzes und der Pilzbrut sowie die Kulturführung entscheiden über den Ernteerfolg. Das ist vergleichbar mit Gemüse, für das Sie den Boden vorbereiten und gutes Saatgut kaufen.
Das Holz sollte frisch geschlagen sein (z.B. vom Winterschnitt), dann hat es die optimale Feuchtigkeit von 50–60 %, ansonsten wässern Sie es ein bis zwei Tage. Impfen Sie Weichholz zwei bis drei Wochen und Hartholz drei bis sechs Wochen nach dem Fällen, damit sich die baumeigenen Abwehrstoffe abgebaut haben. Die Rinde ist am besten unverletzt. Sie schützt den Stamm vor Austrocknung. Beimpfen Sie später als drei Monate nach dem Fällen, haben sehr wahrscheinlich bereits andere holzzersetzende Pilze das Holz besiedelt.
Schneiden Sie etwa 20–25 cm dicke und 35–50 cm lange Stammstücke, damit lässt sich noch gut hantieren. Für Shiitake eignen sich am besten 8–15 cm dicke und 90–120 cm lange Äste oder Knüppel, am liebsten aus Eichenholz.
Durchwachsen und Lagern
Nach dem Impfen durchwächst das Myzel den Holzstamm. Von außen ist nichts zu sehen, die Prozesse laufen im Inneren ab. Für kleine Holzmengen bewährt hat sich das Lagern in Plastiksäcken: Sie stellen den Holzstamm in einen Sack, füllen eine Tasse Wasser hinzu, knoten den Sack zu und beschriften ihn mit einem wasserfesten Stift (Datum, Pilzart) auf einem Stück Klebeband. Gut eignen sich große Haushalts-Müllbeutel. Sie sind durchlässig für Sauerstoff und Kohlendioxid sowie durchsichtig, so können Sie die Durchwachsphase beobachten.
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Der Samtfußrübling ist im Winter erntereif.
Für eine größere Zahl Pilzhölzer legen Sie eine Miete an. Dazu Hölzer an einem schattigen, feuchten Platz liegend auf eine Palette stapeln und mit Stroh oder Pappe und einer Folie (mit einigen Löchern) abdecken. Die Plastikhülle bzw. Miete ist wichtig, damit Stamm und Pilz nicht austrocknen und ein Klima herrscht, in dem der Pilz gerne wächst: warm und feucht.
Die Pilzhölzer vertragen keine pralle Sonne (das Myzel stirbt bei über 30 °C ab). Das Durchwachsen der Stämme dauert bei Hartholz bis zu zwölf Monate, bei Weichholz bis zu sechs Monate, abhängig vom Klima, Impfzeitpunkt und von der Pilzart.
Die Stämme sind fertig durchwachsen, wenn weißes Myzel an den Stirnseiten sichtbar ist, das angenehm nach Pilz riecht. Graues, grünes, rotes oder gelbes Myzel und unangenehmer Geruch deuten auf Kontamination hin: aussortieren!
Auspflanzen der Stämme
Fertig durchwachsene Stämme pflanzen Sie aus. Der Boden sollte locker, humos und feucht sein. Das Pflanzloch so tief ausheben, dass der Stamm aufrecht zu einem Drittel im Boden steckt. Abstand zueinander: 30 cm, ggf. Klebeband von den Impfstellen entfernen. Sie können den Boden der Pflanzgrube mit der Grabegabel auflockern und eine Handvoll Hornspäne, Kompost oder Hühnermist untermischen. Bei Trockenheit etwas wässern.
Das Myzel wächst auch aus dem Holz in die Erde und versorgt sich zum Teil selbst mit Wasser und Nährstoffen. Nach dem Auspflanzen dauert es zwei bis zwölf Monate, bis die ersten Pilzfruchtkörper erscheinen.
Achtung: Schnecken lieben junge Pilze. Manchmal fressen sie die sich entwickelnden Pilze so schnell ab, dass gar kein Fruchtkörper entstehen kann. Das bröselige Holz erschöpfter Stämme ist bei Insekten beliebt.
Sonderfall Shiitake
Foto: Gabriel Bonfa/Adobe Stock
Shiitake-Knüppel stehen gerne aufrecht.
Shiitake benötigt keinen Erdkontakt, stellen Sie die Knüppelhölzer schräg an eine Wand, einen Zaun oder ein Stützgerüst. Shiitake fruchtet ca. ab Ende April/Anfang Mai bei 10–25 °C. Mit einem Trick können Sie die Fruchtbildung einleiten: Tauchen Sie die Hölzer 24 Stunden in kaltem (Regen-)Wasser in einer Wanne oder Tonne unter. Danach stoßen Sie das Holz an der Schnittfläche dreimal kräftig auf den Boden und stellen es regengeschützt auf. Dieser Schock regt das Myzel zum Wachsen an. Nach etwa 14 Tagen können Sie dann ernten. Diesen Zyklus können Sie von Frühjahr bis Herbst etwa alle acht Wochen wiederholen.
Das Beste zum Schluss
Bester Erntezeitpunkt ist, wenn der Großteil der Hüte noch etwas eingerollt bis beinahe waagerecht ausgerichtet ist. Seitlingsarten ernten Sie im Büschel (mit dem Messer abschneiden). Ernten Sie nur die großen, sterben die kleinen Exemplare ab. Shiitake-Pilze ernten Sie einzeln.
Foto: Flora Press/Otmar Dietz
Limonenseitlinge
Je nach Wetter und Pilzart sind mehrere Erntewellen im Jahr möglich. Über die gesamte Kulturdauer können Sie mit einer Erntemenge rechnen, die etwa 15 % des Holzgewichts entspricht.
Welcher Pilz wächst auf welchem Holz?
Pilzart |
Holzart (Maße: 35-50 cm lang, 20-25 cm Durchmesser) |
---|---|
Austernseitling | Pappel, Rotbuche, Weide, Esche, Erle, Hainbuche, Eberesche, Ahorn, Apfel, Kirsche, Birke, Rosskatanie |
Igelstachelbart | Eiche, Rotbuche, Walnuss, Apfel |
Glänzender Lackporling | Rotbuche, Eiche, Birke, Esche, Erle, Ahorn, Ulme, Douglasie |
Limonenseitling | Pappel, Rotbuche, Weide, Esche, Erle |
Nameko | Rotbuche, Pappel, Eiche, Birke, Weide, Obstgehölze |
Rosafarbener Seitling | Pappel, Rotbuche, Weide, Esche, Erle, Ahorn, Ulme, Birke |
Samtfussrübling | Rotbuche, Weide, Eiche, Birke, Esche, Erle, Pappel, Ahorn, Ulme, Rosskatanie, Walnuss, Kirsche |
Graublättriger Schwefelkopf | Douglasie, Fichte, Kiefer, Weißtanne, auch Baumstubben |
Stockschwämmchen | Rotbuche, Pappel, Birke, Hainbuche, Eiche, Esche, Erle, Ahorn, Weide, Rosskastanie |
Südlicher Ackerling | Pappel, Weide, Erle, Linde, Rotbuche |
Taubenblauer Seitling | Pappel, Rotbuche, Eiche, Obstgehölze, Nadelgehölze |
Ulmenseitling | Rotbuche, Pappel, Eiche, Ulme, Linde, Ahorn |
Fett = sehr guter Ertrag
Pilzart |
Holzart (Maße: 60-120 cm lang, 8-15 cm Durchmesser) |
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Judasohr | Holunder, Ahorn, Buche, Walnuss, Weide, Ulme |
Shiitake | Stieleiche, Traubeneiche, Hainbuche, Rotbuche, Apfel, Ahorn, Esskastanie, Kirsche, Eukalyptus, (Birke, Erle, Roteiche, Hasel) |
Fett = sehr guter Ertrag
Roman Seifert
Redaktion „Gartenfreund“, Verlag W. Wächter
Bezugsquellen für Pilzbrut
Buchtipp
Englbrecht, Jolanda; Krämer, Nicola: „Pilze selbst anbauen in Haus und Garten“. 22,95 Euro. Verlag Eugen Ulmer. ISBN 978-3-8001-0393-5 (Einsteigerbuch)