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Naturarznei Holunder
Foto: Buchter-Weisbrodt Früheren Generationen war der Heilwert des Holunders bewusst: „Ein Holunderbusch im Garten ersetzt die Apotheke. ” Neben Zauberkraft und Magie, die man dieser Pflanze nachsagt, finden sich in historischen Überlieferungen zahlreiche Heilanwendungen, die sich bis heute bewährt haben.
Im Zuge des wieder entdeckten natürlichen Gesundheitsbewusstseins erfreut sich der Holunder in den letzten Jahren steigender Nachfrage. Zahlreiche Veröffentlichungen, die Regale der Reformhäuser, die Absatzzahlen der Baumschulen und das Interesse an Wildobstanbau-Seminaren bestätigen diesen Trend. Besonders als Bestandteil von roten Mischsäften bzw. Vitaldrinks findet Holundersaft zunehmend Beachtung.
Obstart Holunder – wild und gezüchtet
Aus der bei uns heimischen Gattung Sambucus mit ihren über 25 Arten ist der Schwarze Holunder (Sambucus nigra) am bekanntesten. Er findet sich wild wachsend bis in 1500 m Höhe und kommt selbst auf trockenen, mageren Standorten zurecht, auch wenn die Pflanze feuchte, nährstoffreiche Böden bevorzugt. Holunderholz ist winterhart, und für die späte Blüte besteht keinerlei Frostgefahr.
Holunder wächst strauch- oder baumartig. Im Erwerbsanbau herrschen niedrige Baumformen um 2 bis 3 m Höhe vor. Die mit doldenartigen Fruchtrispen besetzten Triebe hängen zur Erntezeit nach unten, sodass sich die Früchte leicht ernten lassen. Die steigende Nachfrage hat dazu geführt, dass Holunder in Zucht- bzw. Selektionsprogrammen bearbeitet wurde.
Bislang am meisten verbreitet ist die österreichische Sorte ,Haschberg‘. Sie trägt reich und regelmäßig, die Beeren reifen ab Mitte September innerhalb der Dolden gleichzeitig aus. Im Vergleich zu Wildholunder enthalten die Beeren der Kultursorte ,Haschberg‘ je nach Erntejahr Farbwerte von 7 bis 9 %, Wildholunder erreicht nur 2 bis 3 % (Farbstoffgehalt berechnet als Cyaninchlorid, photometrische Bestimmung bei 512 nm).
Heilwert bereits in der Antike bekannt
Foto: Buchter-Weisbrodt Ausgrabungen in der Schweiz und in Oberitalien belegen, dass der Holunderbaum bereits in der Steinzeit Verwendung fand. Heilkundige der griechischen und römischen Antike nutzten die Pflanze zu Heilzwecken, detaillierte Aufzeichnungen dazu lieferte Theophrast (371 bis 285 v.Chr.). Auch Hippokrates (460 bis 377 v.Chr.) beschrieb zahlreiche Heilanwendungen. Gajus Plinius der Ältere (23 bis 79 n.Chr.) war genauso fasziniert von Holunder wie 1000 Jahre später Hildegard von Bingen und Albertus Magnus.
Die heutige Naturheilkunde nutzt die Inhaltsstoffe ähnlich vielseitig wie die Vorfahren in der Antike und im Mittelalter. Am bekanntesten sind seine Hauptwirkungen: schweißtreibend, schmerzlindernd, entzündungshemmend und das Immunsystem stimulierend. Schwarzer Holunder hilft bei fiebrigen Grippeinfekten, Erkältungen, Bronchienproblemen, Gicht, Rheuma, hohem Blutzucker, Ödemen, Blähungen, Kopfschmerzen, Nervosität, Schlaflosigkeit, unreiner Haut und Entzündungen.
Gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe
Schwarzer Holunder enthält auffallend viele Mineralstoffe und Vitamine. Außergewöhnlich sind die hohen Mengen an Aminosäuren, davon 40 bis 50 % essenziellen. Herzstärkend wirken die enthaltenen Glykoside. Hauptbestandteil der im Holunder vertretenen ätherischen Öle ist Phenylacetaldehyd. Vor allem die Schleimhäute reagieren auf ätherische Öle, die hier Entzündungen hemmen, die Sekretion fördern und den Schleim lösen.
Im Hinblick auf die reichlich enthaltenen bioaktiven Substanzen wie Ballast-, Gerb- und Farbstoffe liefern Holunderbeeren Gesundheit pur. Der wirksame Farbstoff des Holunders, das Sambucyanin, zählt zu den Flavonoiden, deren Gesundheitswert medizinisch vielfach bestätigt wurde. Sie beugen unter anderem Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Die Kultursorte ,Haschberg‘ enthält besonders hohe Farbstoffmengen.
Vorsicht! Das heilwirksame, intensiv färbende Sambucyanin ist nicht zu verwechseln mit dem ähnlich klingenden Inhaltsstoff Sambunigrin. Er findet sich reichlich in allen grünen Pflanzenteilen, also auch in Stielen, Kernen und unreifen Beeren. Aus dem Stoff kann sich Blausäure bilden. Durch Erhitzen zerfällt Sambunigrin und wird unschädlich. Deshalb sollte man Beeren und Saft nicht roh genießen.
Foto: Buchter-Weisbrodt Holunderbeeren enthalten viele Vitamine, die dank der reichlichen Gerbstoffe überaus stabil sind. Die niedrigen Säurewerte (Apfel- und Weinsäure; Zitronensäure ist nicht vertreten) machen Holunderprodukte auch für Säureempfindliche bekömmlich.
Vielseitige Verwendung
Aus den Blüten und Früchten des Schwarzen Holunders lassen sich verschiedene Erzeugnisse herstellen und vermarkten. Blüten, frisch und getrocknet, liefern heilwirksamen Tee, erfrischende Getränke wie Blütenmilch, Sekt oder Bowle und nahrhafte Speisen wie Holunderküchle. Aus Beeren entstehen Saft, Nektar, Gelee, Likör und Schnaps.
Dr. Helga Buchter-Weisbrodt
Der Küchentipp
Holunder-Rezepte
Holunderblüten-Essig:
100 g frische Holunderblüten in 500 ml Apfel- oder Weißweinessig ansetzen, zwei Wochen gut verschlossen an einem kühlen, dunklen Ort ziehen lassen; nach Absieben gebrauchsfertig.
Holunderblüten-Milch:
5 Blütendolden in 500 ml Milch aufkochen, 10 Minuten ziehen lassen, absieben, mit einem Päckchen Vanillezucker vermischen und kalt genießen.
Holunder-Fruchtpunsch:
(Zutaten für 10 Portionen)
500 ml Holundersaft
500 ml Traubensaft
500 ml Apfelsaft
1 Grapefruit
5 Orangen
1 Zitrone
1 Stange Zimt
3 Sternanis
5 Nelken
3 EL Kandiszucker
Apfelsaft bis zum Siedepunkt erhitzen, Gewürze und Zucker beigeben, 10 Minuten ziehen lassen. Zitrusfrüchte auspressen. Gewürze absieben, alle Säfte mischen und vorsichtig erhitzen.
Inhaltsstoffe in 100 g Holunder
kcal/kJ / 50/210
Wasser / 80 %
Eiweiß / 2,5 %
Kohlenhydrate / 9,1 %
Rohfaser / 6,8 %
Gesamtsäure / 0,9 %
Mineralstoffe / 0,7 %
Vitamin C / 20 mg
Vitamin B / 10,07 mg
Vitamin B / 20,08 mg
Vitamin B / 31,5 mg
Vitamin B / 60,25 mg
Kalium / 305 mg
Phosphor / 57 mg
Kalzium / 35 mg
Natrium / 1 mg
Holunder-Arten
Etliche der über 25 Arten umfassenden Gattung Sambucus finden sich auch in unseren Breiten. Eine Abart des Schwarzen Holunders (Sambucus nigra) ist Sambucus nigra var. albida mit grüngelben, sehr fruchtigen, großen Beeren.
Sambucus racemosa, der Rote Holunder, auch als Traubenholunder oder Hirschholunder bekannt, wird nur 2 bis 3 m hoch. Die leuchtend roten Beeren reifen bereits im Juli. Die Früchte sind frei vom giftigen Sambunigrin, nicht aber die Samen (Steinkerne).
Sambucus ebulus, der Zwergholunder oder Attich, wird nur 1,5 m hoch. Die braunroten Früchte eignen sich nicht zum Verzehr. Die Naturheilkunde verwendet vorwiegend Wurzel- und Rindenextrakte gegen Schwellungen, Entzündungen, Rheuma, Haarausfall und Schuppen.