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Ameisen – Fluch oder Segen?

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So vermeiden Sie Probleme und profitieren von den emsigen Insekten


Ameisen nutzen Blattläuse als ZapfanlagenFoto: Fauna Press/The Garden Collection/FLPA Ameisen nutzen Blattläuse als Zapfanlagen für süßen Honigtau und beschützen die Pflanzensaftsauger vor Fressfeinden – zum Leidwesen der Gartenfreunde.


Sie zieren römische Münzen als Symbol des Reichtums, und schon in der Bibel wird ihr Fleiß hervorgehoben. In der Antike glaubten die Menschen, mit ihrer Hilfe das Wetter und Hungersnöte vorhersagen zu können. Lange galten sie zudem als Verbündete gegen Gicht und Gelenksteifheit, die mit einem „Bad“ des betroffenen Körperteils im Ameisenhaufen behandelt wurden. All diese – zugegeben etwas sagenhaften – Eigenschaften schrieben unsere Ahnen einem so kleinen Tier wie der Ameise zu.

Unsere Ameise – ein Wundertier also, von dem wir sogar etwas fürs Leben lernen können? In einer Fabel des griechischen Dichters Äsop (um 600 v. Chr.) bittet eine Heuschrecke die Ameise um Hilfe, denn als der Winter kam, plagte sie der Hunger. „Hast du im Sommer singen und pfeifen können, so kannst du jetzt im Winter tanzen und Hunger leiden“, sprach die Ameise. Dann aber hatte sie doch Mitleid und gab der Heuschrecke zu essen. „Aber du musst mir auch etwas musizieren.“


Erfolgsmodell der Evolution

Jenseits der kleinen Fabel und ihrer Moral ist uns natürlich bewusst, dass die Ameise ihre erstaunlichen Fähigkeiten – Ergebnisse ihrer rund 100 Millionen Jahre währenden Evolution – ausschließlich für eigene Interessen nutzt und dabei vor Be­trug und Raub nicht zurückschreckt. So dringen einige Arten in die Nester ihrer Verwandten ein und lassen den eigenen Nachwuchs von fremden Arbeiterinnen aufziehen. Andere wiederum rauben und versklaven die Brut fremder Völker.

Weltweit gibt es etwa 9600 Ameisenarten, die meisten davon in den Tropen. In Deutschland leben immerhin 111 Arten. In unseren Blickpunkt geraten hauptsäch­lich die Schwarze Wegameise (Lasius niger) und die etwas kleinere Gelbe Wegameise (Lasius flavus). Die Rote Waldameise (Formica rufa) interessiert uns nur am (Wald-)Rande – bei entsprechender Lage des Gartens.


Staatsordnung der Ameisen

Ameisen bilden hierarchisch organisierte Staaten mit Königinnen, Arbeiterinnen und Männchen. Eine Königin ist keineswegs von der Arbeit befreit: Für den Fortbestand ihres Volkes legt sie ein Leben lang – und das kann bis zu 20 Jahre dauern – ohne Unterlass Eier. Arbeiterinnen sind geschlechtsuntüchtige, flügellose Weibchen. Sie sind zuständig für Nestbau, Futtersuche und Brutpflege.


Geflügeltes MännchenFoto: paulrommer/Fotolia.com Die geflügelten Männchen – hier eine Schwarze Wegameise – haben nach dem Hochzeitsflug ihren Daseinszweck erfüllt und sterben nur wenige Stunden danach.


Die geflügelten Geschlechtstiere, frisch geschlüpfte Jungköniginnen und Männchen, schwärmen im Sommer zum Hochzeitsflug aus. Nach der Paarung haben die Männchen ihren Lebenszweck erfüllt und sterben – so will es die Natur in grausamer Konsequenz. Die Königinnen aber werfen ihre Flügel ab und gründen einen neuen Staat.


Untermieter im Nest

Neben den Hausherren leben im Ameisen­nest auch Ameisengäste, darunter harmlose Einmieter (z.B. Springschwänze, Ameisengrillen), die sich von den Abfällen des Insektenstaates ernähren. Es gibt aber auch räuberische Gäste (darunter z.B. Spinnen und einige Käferarten), die von den Ameisen bekämpft werden. Aus gutem Grund, denn sie stellen den Hauswirten und ihrer Brut nach! Oft ähneln die Mitbewohner ihren Gastgeben – dann spricht man von Ameisenmimikry.



Verbündete der Gartenfreunde

Als emsige Jäger halten Ameisen im Garten pflanzenfressende Insekten in Schach. Ge­mü­se­bee­te befreien sie von den Raupen des Kohlweißlings, und sogar Obststräucher und -bäume erklettern sie, um Zweige und Kronen nach Essbarem abzusuchen. Auch hier erbeuten sie pflan­zen­fres­sen­de Insekten und deren Eier – etwa 100.000 wirbellose Tiere kann ein Volk so pro Tag erbeuten. Aber nicht nur auf Frischfleisch sind Ameisen aus – auch tote Tiere und abgestorbene Pflanzenteile werden beseitigt.


Ameisen - ArbeiterinnenFoto: Michael Tieck/Fotolia.com Die Arbeiterinnen erbeuten beim Durchstreifen unserer Gärten zahlreiche Insekten.


Ein positiver Effekt ihres Treibens ist auch die Lockerung des Bodens und die Förderung der Humusbildung. Ameisen lagern insgesamt mehr Bodenmaterial um als Regenwürmer! Neben ihrer Rolle als Jäger von „Schädlingen“ dienen sie vielen „Nützlingen“ – Vögeln, Kröten und Spinnen – als Nahrung. Ein natürlicher Kreislauf, den wir Gartenfreunde in gelassener Zufriedenheit über die Vielfalt unseres Gartens zur Kenntnis nehmen.

Der Vorteil eines Ameisenvolks im Garten ist groß. Sehen wir es ihm daher nach, wenn ihm die eine oder andere Beere zum Opfer fällt.


Die Kehrseite der Medaille

Drehen wir die eingangs erwähnte Münze – Sie wissen schon, die alte römische – um, so fällt uns bei der Betrachtung ihrer Kehrseite die eine oder andere unliebsame Eigenart auf. So machen sich Ameisen unbeliebt, weil sie Blatt- und Wurzelläuse auf unseren Pflanzen halten, um sie zu „melken“. Der so gewonnene Honigtau ist eine köstliche Nahrung für die „Fleißlinge“. Kein Wunder also, dass Ameisen ihre Läuse gegen Fressfeinde verteidigen. Gut behütet schwächen diese dann unsere Pflanzen.

Gelbe Wegameisen nisten meist unter Rasenflächen und machen sich durch kleine Abraumkegel bemerkbar. Die Schönheitsfehler im Grün beseitigen Sie bei trockenem Wetter mit dem Rechen. An der Oberfläche lassen sich Gelbe Wegameisen übrigens kaum blicken. Unter dem Rasen ernähren sie sich von Honigtau, den „hauseigene“ Wurzellaus-Kolonien produzieren.

Schwarze Wegameisen legen ihre Nester gerne unter sonnig-warmen Terrassen an. Da können die Platten schon einmal etwas wackelig werden. Dem beugen Sie ganz einfach vor, indem Sie Splitt statt Sand als Untergrund verwenden.


AmeisennestFoto: blickwinkel/A. Hartl Zahlreiche Kammern und Gänge kennzeichnen ein Ameisennest. Unter der Terrasse sind die ausgeklügelten Bauwerke jedoch nicht willkommen.


Schwarze Wegameisen können zudem in unsere Lauben und Häuser eindringen – diesen Preis wollen wir für das Vertilgen von Insekten dann doch nicht zahlen! Befindet sich ein Nest an einem ungünstigen Platz, muss nachdrücklich „gekündigt“ werden – aber bitte nur in Bezug auf den Standort des Ameisenquartiers und nicht grundsätzlich unsere Interessengemeinschaft!


Vergrämung und Umsiedelung

Vorbeugende Maßnahmen gegen den Ein­zug der Ameisen in Lauben sind selbstverständlich: Lassen Sie Lebensmittel oder Tierfutter nicht offen stehen und verschließen Sie Ritzen und Spalten.

Eine Erfolg versprechende Vertreibungs­methode ist das Vergrämen mit stark rie­chen­den Pflan­zen­ex­trak­ten oder -teilen: Bringen Sie Brennnessel- oder Wermutjauche oder Majoran und Thymian auf Ameisenstraßen und Nestern aus.

Für eine kontrollierte Umsiedelung bie­ten Sie den Tieren einen Tontopf als neues Quartier an. Stellen Sie ihn, befüllt mit Stroh oder Holzwolle (beides feucht), um­gedreht auf das Nest. Nach einiger Zeit zieht der „Hofstaat“ in den warmen Topf um und kann an einen Platz Ihrer Wahl ver­bracht werden. Der sollte etwa 30 m vom alten Standort entfernt sein, um eine Rück­kehr auszuschließen.

Verzichten Sie auf den Einsatz von Che­mie! Im naturnahen Garten fordern die bereits erwähnten natürlichen Feinde ih­ren Tribut von den Ameisen – allen voran der Grünspecht, den wir oft auf dem Ra­sen beim Ameisenverzehr beobachten können. Es ist viel Platz für das (Zusammen-)Leben in unseren Gärten. Ein Miteinander zu beiderseitigem Nutzen bedarf allerdings der Lenkung. Wir haben es in der Hand.

Jens Carstens
Stellv. Vorsitzender des Landesverbandes
Schleswig-Holstein der Gartenfreunde