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Wespen: Nur Kurzköpfe werden lästig

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Vom friedlichen Miteinander und dem Nutzen der Insekten


WespenFoto: Agentur lernsite Als lästig und gefähr­lich werden Wespen häufig betrachtet. Doch sie erfüllen wichtige ökologische Funktionen im Naturhaushalt.

 

Leserbrief der Familie Langendorf aus Berlin:

Wespennest in Berliner Kleingarten

Meine Frau und ich entdeckten im März/April 2009 unter dem Vordach unserer Gartenlaube ein klei­nes Kügelchen, das aussah wie aus Pappmaché: ein Wespennest. Häu­fig verfallen Menschen, wenn sie etwas mit Wespen zu tun bekommen, in hektische Abwehrreaktio­nen. Wir aber dachten: „Lass die kleinen Wesen mal ruhig bauen. So lange sie uns nicht ärgern, lassen wir sie auch in Ruhe.“

Es war interessant, die emsige Tätigkeit, die Bauweise und die Baufortschritte zu beobachten. Hut ab vor den kleinen Baumeistern!

Wir wunderten uns allerdings schon, dass uns die Wespen in keinster Weise angriffen oder belästigten. Hatten Sie sich an unse­re Anwesenheit, unsere Silhouette und auch an unseren Geruch gewöhnt? Selbst unser Aufenthalt auf der Terrasse, sogar beim Essen, wurde nie gestört. Eine ungewöhnliche Erfahrung.

Nun wissen wir nicht, welche Wespenart uns da mit ihrer Anwesenheit beglückt hat. Ist das ungewöhnlich oder einfach nur eine Symbiose zwischen Mensch und Tier nach dem Motto: „Ihr lasst uns in Ruhe, und wir halten Euch dafür andere Kleininsekten vom Leib?“


Interview von Gartenfreunde-Redakteurin Christiane Breder mit Dr. Werner Mühlen, Referent für Bienenkunde an der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle Münster zum Thema Wespen, ihr Aggressionspotential und ihre Nützlichkeit in der Natur.

Sächsische Wespe an einer WolfsmilchFoto: Agentur lernsite Eine Sächsische Wespe an einer Wolfsmilch Herr Dr. Mühlen, welche Wespen­arten stellen überhaupt eine Gefahr für Menschen dar bzw. werden ihm lästig?

Das sind die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe, beide gehören zu den Kurzkopfwespen. Nur diese beiden Arten werden dem Menschen lästig, man findet sie z.B. in Bäckereien oder an der Ku­chentafel, wo sie auf der Suche nach Süßem sind.

Außerdem fliegen sie gerne den Grillplatz an, denn sie ernähren sich auch von toten Tieren, von Aas. Ihre Nester bauen sie im Verborgenen, z.B. im Boden, Dachgebälk oder Jalousienkasten. Gewöhnlich sieht man sie nicht.

Und welche Wespenart baut so ein frei hängendes Nest, wie es die Gartenfreunde in Berlin gefunden haben?

Das ist auf jeden Fall eine Langkopfwespenart, wahr­schein­lich die Sächsische Wespe. Diese Wespen leben rein räu­be­risch, jagen also nach lebenden Insekten und vernichten Schädlinge wie Mücken etc. Langkopfwespen finden sie da­her auch nicht am Grillplatz oder am Pflaumenkuchen.

Sie bilden außerdem viel klei­nere Völker als die Gemeine und die Deutsche Wespe, mit ca. 200 oder 300 Individuen, die auch bereits im Juni/Juli absterben. Im Vergleich dazu: Die Völker der Deutschen und der Gemeinen Wes­pe werden bis zu 8000 Tiere groß. Und sie leben länger, bis August/September.


Nest einer Langkopf­wespeFoto: Langendorf Dieses Nest einer Langkopf­wespe fanden Gartenfreunde in Berlin un­ter ihrem Laubendach. Wahr­schein­lich war hier ein Volk der Sächsi­schen Wespe am Werke. Wie sollte sich ein Gartenfreund verhalten, wenn er ein Nest von Langkopfwespen unter dem Laubendach oder an anderer Stelle im Garten vorfindet? Haben die Gartenfreunde in Berlin alles richtig gemacht?

Ja, die Berliner Gartenfreunde haben das ganz richtig gemacht. Wich­tig ist, ein bisschen Abstand, etwa 2 m, vom Nest zu halten. Man muss wissen, dass Wespen eigentlich nur in Nestnähe aggressiv werden, um ihre Brut zu verteidigen. Und das Aggressionspotenzial korreliert mit der Größe des Volkes. Das heißt, Lang­kopf­wes­pen sind mit ihren kleinen Völkern auch viel weniger aggressiv als die Deutsche und Gemeine Wespe mit ihren großen Völkern.

Weiter entfernt vom Nest, z.B. an einer Blüte oder auch sonst beim Nahrungserwerb, sind Wespen nor­malerweise nicht aggressiv. Werden Sie aber an der Nahrungsaufnahme gehindert, körperlich bedrängt, z.B. eingequetscht, oder man tritt auf sie, dann wehren sie sich – zu Recht. Daher sollten Kinder auch nicht barfuß auf dem Ra­sen laufen, vor allem nicht, wenn Blütenpflanzen zwischen den Gräsern wachsen.

Wie verhält man sich am besten, wenn ein Nest der Gemeinen oder Deutsche Wespe in Haus, Garage, Laube oder Garten ­gefunden wird?

Erst einmal die Tiere beobachten, Ruhe behalten und Abstand zum Nest wahren. Wer mag, kann ein Warnschild aufstellen oder die Stelle mit Flatterband absperren. Zu glauben, wenn man ein solches Nest abtötet, sei man die Tiere prin­zipiell los, das ist ein Trugschluss. Ich schätze, dass alle 100 m ein Nest existiert, das wir nur nicht sehen. Und die Tiere haben einen Flugradius von 3 km.

Man kann auch Fliegendraht zur Innenseite des Gebäudes hin anbringen, damit die Tiere nicht ins Gebäude gelangen. Kontraproduktiv ist es, das Einflugloch zu verschließen, die Tiere werden aggres­siv und suchen sich einen anderen Ausgang, und der führt dann evtl. ins Gebäude-Innere.
Prinzipiell ist die Duldung der Tiere der leichteste Weg.

Was ist zu tun, wenn man ein Nest doch entfernen will oder muss, weil z.B. jemand in der Familie allergisch ist?

Zunächst möchte ich anmerken: Nicht jede empfindliche Reaktion ist eine allergische Reaktion. Dennoch müssen Allergiker natürlich besonders vorsichtig sein. Nur sollte klar sein, dass mit der Entfernung des einen Nestes nicht alle Tiere in der Umgebung vernichtet sind. Dafür gibt es zu viele Nester, die wir nicht sehen.

Ein Wespennest von der Deutschen oder Gemeinen Wespe umzusiedeln, ist ganz schwer. Die Nes­ter sind fest in den Hohlraum eingebacken. Da bleibt dann nur die Vernichtung der Tiere. Das ma­chen Schädlingsbekämpfer.

Entdeckt man ein Nest erst im August, braucht man es nicht mehr zu entfernen, die einjährigen Völker zerfallen ohnehin zu dieser Zeit. Die Arbeiterinnen gehen zugrunde, es gibt keine Brut mehr zu pflegen. Und die Jungkönigin­nen haben sich längst vergraben.


Die Gemeine und die Deutsche WespeFoto: Agentur lernsite Die Gemeine und die Deutsche Wespe bauen ihre Nester im Verborgenen, hier fliegt eine Gemeine Wespe in ein Bodennest Früher hieß es häufig, man könne Wespennester ausräuchern. Wird das heute noch gemacht?

Nein, das Ausräuchern verursacht eine große Aggressivität bei den Tieren. Außerdem sind laut Naturschutzgesetz alle Tiere vor Zerstörung der Nester, Belästigung oder Tötung geschützt. Wenn ein Volk abgetötet werden muss, dürfen das nur Schädlingsbekämpfer, die dafür ausgebildet sind.

Was lockt Wespen an?

Wespen reagieren auf Gerüche: Obst, Saft, Fleisch, Aas locken die Tiere an. Sie merken sich auch Fut­terplätze. Es gilt also, ein paar Re­geln zu beachten: z.B. Mar­me­la­den­glä­ser nach Gebrauch schnell wieder verschließen, Wurst, Fleisch und Käse gehören unter die Glocke, benutztes Geschirr sofort wie­der wegräumen, Fleischreste nicht auf dem Kompost entsorgen, nicht aus Dosen trinken.

Babys bekommen im Freien prinzipiell keine süßen Tees oder Säfte. Der Mund riecht sonst nach „süß“ und lockt Wespen an. Haben Kinder etwas Süßes gegessen oder getrunken, sollten der Mund und die Mundwinkel abgewischt werden.

Was kann man tun, wenn Wespen beim Grillen oder beim Kuchen Essen lästig werden?

Schlagen Sie nicht nach den Tieren. Wenn Sie sie ständig aufscheuchen, bleiben sie da. Beobachten Sie die Tiere, meistens kommen sie nur kurz, holen sich etwas Nahrung und ver­schwin­den wieder. Ruhe und Akzeptanz sind die beste Strategie.

Hilft es denn, Fallen aufzustellen oder einen Extra-Futterplatz für die Tiere zur Ablenkung einzurichten?

Als Fallen werden gerne Flaschen mit gärenden Säften aufgestellt. Damit locken Sie die Tiere erst recht an, genauso wie mit einem Extra-Futterplatz. In den Flaschen krepieren die Wespen und auch viele andere Tiere elendig. Das sollte man ihnen nicht antun, zumal es keinen Ver­nich­tungs­effekt gibt, dazu gibt es zu viele von den Tieren.

Betrachten Sie Wespen auch einmal unter einem anderen Blickwinkel: Die Gemeine und die Deutsche Wespe sind die Gesundheitspolizei unter den Insekten. Sie vernichten Schadinsekten, beseitigen Aas und erfüllen somit ihren ökologischen Auftrag. Sich über eine Mücke zu ärgern, aber ihren Feind, die Wespe, zu töten, das ist falsch gedacht.

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