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Vogelgesang im Frühjahr

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Zaunkönig singt bei SonnenaufgangFoto: fokus-natur/Leo Der Zaunkönig stimmt sein Konzert schon bei Sonnenaufgang an Nun naht der lang ersehnte Früh­ling. Untrennbar mit ihm verbunden sind die facettenreichen Gesänge unserer Vögel, die aufmerksame Zuhörer in ihren Bann ziehen. Ob beim Spaziergang im Wald, Park, in der Feldflur oder im eigenen Garten: Überall erklingen die schönen Melodien der Vögel.

Singen für den Arterhalt
Der Gesang der Vögel ist an die Zeit ihrer Fortpflanzung gekoppelt. Sobald die Tage länger werden, also mit steigender Lichteinwirkung im Frühjahr, stellt sich der Hormonhaushalt der Vögel auf die Fortpflanzungszeit ein.

Diese Periode erstreckt sich bei den meisten Vogelarten von März bis Juni und ist von Art zu Art verschieden. Während viele unserer überwinternden Amseln, Kohlmeisen und Kleiber bereits im März mit ihrem Brutgeschäft beginnen können, fangen andere Arten viel später damit an.

Die Zugvögel, die den Winter in südlichen Gefilden verbringen, kehren erst ab Mitte März nach und nach in ihre Brutgebiete zurück. Zu ihnen zählen Vertreter aus den Familien der Grasmücken, der Schwalben, der Rohrsänger und der Fliegenschnäpper, um nur einige zu nennen. Ausgesprochen spät heimkehrende Arten sind beispielsweise Pirol, Gelbspötter oder Neuntöter. Sie erscheinen erst Ende April bzw. Anfang Mai in ihrer Brutheimat.

Werben um das Weibchen

Nachwuchs beim StarFoto: fokus-natur/Leo Wenn die Werbung ums Weibchen erfolgreich war, stellt sich bald Nachwuchs ein: hier ein Star beim Füttern seiner Jungen Der Gesang der einzelnen Arten ist ebenso wie das Aussehen und das Verhalten ein wichtiges Erkennungsmerkmal. Jede Vogelart hat im Laufe der Evolution einen eigenen unverwechselbaren Gesang hervorgebracht, der im Wesentlichen zwei wichtige Funktionen erfüllt: Mit seiner Hilfe werben die Männchen um ein Weibchen. Je attraktiver der Gesang eines Männchens ausfällt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, einen entsprechenden Partner zu finden.


Revier markieren und verteidigen

Mönchsgrasmücke gehört zu den FrühaufstehernFoto: fokus-natur/Leo Die Mönchsgrasmücke gehört zu den Frühaufstehern: Sie lässt bereits vor dem Sonnenaufgang ihren Gesang erschallen Durch das tägliche Vortragen des Gesanges wird zudem das eigene Revier markiert und verteidigt. Das Revier ist in der Regel der Ort, an dem Balz, Paarbildung, Brut und Aufzucht der Jungen ungestört ablaufen können.

Ebenso sollte in dem verteidig­ten Bereich die Nahrungsbeschaffung für die heranwachsenden Jungen gewährleistet sein. Der Revierinhaber macht mit Hilfe seines Gesanges Eindringlingen sowie Reviernachbarn klar, wo die Grenzen verlaufen.

Es gibt noch einen weiteren Vor­teil ständiger „Grenzkontrolle“: Man weiß inzwischen von sehr vie­len Arten, dass sich Männchen be­nachbarter Reviere an ihrem individuellen Gesanges-Repertoi­re erkennen. Dadurch ist es möglich, fremde Eindringlinge sofort zu erkennen und zu vertreiben.

„Klappe“ halten zum Schutz der Familie
Um die Gesangesaktivität der Männchen wird es allmählich ruhiger, wenn sie eine Partnerin ge­funden haben. Werden die Eier bebrütet und später die geschlüpf­ten Jungen gefüttert, dann verstummt der Gesang bei vielen ­Ar­ten fast gänzlich, um keine Feinde auf sich aufmerksam zu machen.

Syrinx ermöglicht komplexe Melodien

Nicht alle Vogelarten besitzen jedoch das Lautorgan, welches für den Gesang im engeren Sinne verantwortlich ist. Die Syrinx (der Stimmkopf) ist der Gruppe der Singvögel vorbehalten, von denen in Deutschland etwa 100 Arten brüten. Die Syrinx befindet sich an der Stelle, wo sich Luftröhre und Hauptbronchien gabeln.

Der Gesang entsteht über schwin­­gungsfähige Membranen in der Syrinx. Beim Singen reckt das Männ­chen seinen Hals, holt tief Luft und singt aus voller ­Kehle. Dabei werden die Membranen angespannt und in Schwingungen versetzt – es entstehen Töne.

Der so produzierte Gesang ist in der Regel komplizierter aufgebaut als ein Ruf. Er besteht aus einer Folge verschiedener oder gleichartiger Laute (Elemente), die zu größeren Einheiten (Strophen) aneinander gereiht werden.

Bestimmte Rufreihen mancher Arten, die zu den Nichtsingvögeln gehören, kann man durchaus eben­falls als Gesang bezeichnen. Dabei handelt es sich beispielsweise um einfachere Gebilde, wie locker aneinander gereihte Laute, die ei­ne Art Gesangsmuster ergeben kön­nen. Genannt sei hier als Beispiel der Gesang mancher Wat­vö­gel, einer Gruppe, die in Feuchtge­bieten und an Küsten lebt. In Mit­tel­europa zählen etwa 150 Brutvogelarten zu den Nichtsingvögeln.


Drohen, warnen, betteln ...
Neben den an die Fortpflanzungszeit gekoppelten Gesängen gibt es außerdem – unabhängig ob Singvogel oder Nichtsingvogel – verschiedene Rufe. Diese sind in der Regel einfacher strukturiert und entsprechend kürzer als die Gesänge. Sie werden das ganze Jahr über von beiden Geschlechtern geäußert und sind ein ausgesprochen bedeutsames Kommunikationsmittel.

Für eine Vielzahl verschiedener Situationen im Vogelleben sind inzwischen eigene Rufe festgestellt worden. Es gibt beispielsweise Drohrufe, Warnrufe, Abwehrrufe, Bettelrufe oder Kontaktrufe, um nur einige zu nennen. Während eine Singvogelart am Gesang noch relativ einfach erkannt werden kann, fällt dies anhand eines Rufes bedeutend schwieriger aus.

Frühaufsteher werden belohnt Futter im SchnabelFoto: fokus-natur/Leo „Der frühe Vogel fängt den …“. Dieser Gartenrotschwanz hatte mit seinem Gesang offenbar Erfolg bei einem Weibchen: Das Futter in seinem Schnabel ist sicher für die hungrigen Kleinen gedacht.
Die Zeit, in welcher der Gesang am intensivsten ist, erstreckt sich von Ende März bis Ende Mai. Wer ein richtiges Vogelkonzert erleben möchte, der sollte früh aufstehen: Bereits 1,5 Stunden vor Sonnenaufgang beginnen beispielsweise Haus- und Gartenrotschwanz mit ihrem Gesang. Ihnen folgen Amsel, Singdrossel, Rotkehlchen, Mönchsgrasmücke und Kohlmeise.

Ab 0,5 Stunden vor Sonnenaufgang kann man die reichhaltigen Rufreihen des Kleibers vernehmen, ebenso den Gesang von Blaumeise, Buchfink, Gartenbaum­läufer und Heckenbraunelle. Zur Zeit des Sonnenaufgangs beginnt der Zaunkönig mit seinem unverkennbaren schmetternden Gesang, ebenso das Klappern der Klappergrasmücke, das Tschilpen des Haus­sperlings, die Gesangsimitationen des Stars und der Gesang des Grün­finken.

Andere Arten imitieren
Eine Reihe von Vogelarten verfügt über ein reichhaltiges Stimmenrepertoire. Besonders faszinierend sind jene Arten, die es vermögen, Gesangsteile, Rufe oder Geräusche anderer Arten in ihren Gesang einzuflechten. Vor allem Sumpfrohrsänger, Stare, Eichelhäher, Neuntöter, Gartenrotschwänze, Braunkehlchen oder Gelbspötter imitieren auf brillante Art und Weise andere Arten.

Meister der ImitationFoto: fokus-natur/Leo Der Sumpfrohrsänger ist ein Meister der Imitation: Über 200 Lautäuße­rungen anderer Arten konnte man ihm nachweisen Beim Sumpfrohrsänger, der in offenen und halboffenen Landschaften mit dichten Hochstaudenbeständen lebt, wurden bisher über 200 Imitationen von Lautäußerungen anderer Arten nachgewiesen. Etwa die Hälfte davon waren afrikanische Vogelarten. Der Sumpfrohrsänger, welcher als Langstreckenzieher unter den Zugvögeln gilt, muss die Stimmen demnach in seinem afrikanischen Winterquartier erlernt haben.

Michael Dech

Literaturtipp „Warum Vögel singen”