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Alte Gemüsesorten: Fruchtgemüse

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Vielfalt im Gemüsebeet durch historisches Fruchtgemüse

KartoffelsortenFoto: Cora Müller/Fotolia.com Echte „Bodenschätze“ finden sich unter den alten Kartoffelsorten! Aber auch bei anderen Fruchtgemüsen lohnt es, fast vergessene Klassiker zu beachten. Schier endlos erscheint das Gemüsesortiment! Dafür sorgen nicht nur die vielen Neuzüchtungen, die wir Gartenfreunde jedes Jahr mit Spannung erwarten. Auch im Fundus alter Sorten lässt sich so mancher fast vergessene Gartenschatz neu entdecken. Ob Kartoffel, Wildtomate, Dicke Bohne oder Zuckermais – neu ist nicht unbedingt besser. Eine Auswahl bewährter und interessanter Sorten stelle ich Ihnen im Folgenden vor.

Große Auswahl: Kartoffeln
In Deutschland ist der „Erdapfel“ ein Grund­nah­rungs­mit­tel: Bei rund 60 kg lag unser Pro-Kopf-Verbrauch jeweils in den letzten Jahren. Aus Supermärkten kennen wir nur eine Handvoll Sorten, etwa ‘Belana’, ‘Gala’ oder ‘Sieglinde’. Weltweit gibt es jedoch etwa 5000 Kartoffelsorten, mehr als 200 sind bei uns zugelassen. Hier eine Auswahl meiner Favoriten unter den altbewährten Sorten:

‘Red King Edward’ hat eine gelb gefleckte, rötliche Schale und hellgelbes Fruchtfleisch. Sie entstand 1916 in England. Ihre vorwiegend festkochenden Knol­len sind birnenförmig bis oval und werden wegen ihrer Größe gerne als Folienkartof­feln genutzt. ‘Red King Edward’ liefert gu­te Erträge und wird mittelspät geerntet.

‘Blauer Schwede’, auch ‘Blue Congo’ genannt, zeichnet sich durch eine dunkelblaue Schale und blauviolettfarbenes Fleisch aus. Diese Besonderheiten machen die Knolle bei Kindern sehr beliebt. Die Herkunft der Sorte ist unbekannt (wahrscheinlich Skandinavien, vor 1900). Die mittelgroßen und ovalen Erdäpfel liefern gute Erträge und werden mittelfrüh geerntet. Die festkochenden Knollen schmecken cremig und würzig.

KartoffelsorteFoto: www.guendels-kulturstall.de Sorte ‘Blauer Schwede’

‘Bamberger Hörnchen’, der Name sagt es: Diese Sorte kommt aus Oberfranken in Bayern. Schon 1870 wurde sie dort angebaut. Ihre fingerförmigen Knollen können nicht maschinell geerntet werden, und für das Schälen sind ihre oft skurrilen Formen etwas unpraktisch. Aus diesen Gründen wurde die Sorte für lange Zeit kaum noch kultiviert. Dank ihres exzellenten Geschmacks – würzig und leicht nussig – sind die ‘Bamberger Hörnchen’ heute wieder öfter zu finden. Die fest­ko­chen­den, gelbfleischigen Knollen werden mittelspät geerntet. Ich verwende sie gerne als Back- und Bratkartoffeln.

‘Acker­se­gen’ ist ein Klassiker, der sich auch in regenreichen Jahren im Norden bewährt hat. ‘Ackersegen’ wird erst sehr spät geerntet. Gerne als Pell- und Bratkartoffel verwendet, ist die würzig schmeckende Knolle seit 1929 im Handel. Unter den festkochenden Sorten ist sie nicht nur mein Favorit – wegen der großen Nachfrage sollten Sie ‘Ackersegen’ bei den Anbietern frühzeitig bestellen!
 


Bequeme Kultur: Wildtomaten
Diese ursprünglichen Tomaten sind genau das Richtige für bequeme Gärtner. Man kann sie einfach wachsen lassen, ohne regelmäßig „auszugeizen“, d.h. Triebe aus den Blattachseln zu entfernen. Wenn die wüchsigen Pflanzen allerdings zu sehr ins Kraut schießen, müssen Sie doch zur Schere greifen. Räumen Sie ihnen mindestens 1 m2 Platz ein.

Wildtomaten können – im Gegensatz zu vielen anderen Züchtungen – auch im Freiland erfolgreich angebaut werden, denn sie sind sehr robust und tolerant gegenüber Kraut- und Braunfäule. Ihre Früchte sind recht klein, erscheinen aber in großer Zahl.

‘Rote Murmel’ – der Sortenname kenn­zeichnet die Größe der sehr süßen Früchte. Erntezeit: von Juli bis Ende Oktober.

‘Rote Wilde’, auch als ‘Rote Johannisbeertomate’ bekannt, wächst üppig und trägt reich. Die nur erbsengroßen Früchte überzeugen durch ein fruchtig süßsaures Aroma. Von Mitte Juli bis Oktober darf genascht werden.

WildtomatenFoto: Dr. Reinhard Neumeier Johannisbeertomaten wachsen üppig, tragen reich und müssen – wie alle Wildtomaten – nicht ausgegeizt werden.
‘Humboldtii’ überrascht durch ihre für eine Wildtomate recht großen Früchte, die sich mit Mirabellen messen können. Ernten Sie die rot bis lachsfarbenen, süßen Früchte von Mitte Juli bis Ende Oktober.

Nützlich: die Dicke Bohne
Die Puff- oder Sau-Bohne, auch Dicke Bohne genannt (Vicia faba var. faba), ist sehr robust und kommt bei uns als erstes Fruchtgemüse der neuen Saison in den Garten. Im Freiland wird bei milder Witterung bereits ab Februar ausgesät (bis Anfang Juni) und ab Ende Juni geerntet. Puff-Bohnen binden mithilfe von Knöllchenbakterien Luftstickstoff im Boden. Das macht sie zur perfekten Vorfrucht für anspruchsvollere Gemüsekulturen (z.B. späte Kohlsorten). Bei der Neu­an­la­ge von Gärten ist die Dicke Bohne eine wertvolle Gründüngungspflanze, die mit ihren tief- und weitreichenden Wurzeln feste Bodenstrukturen aufschließt.

Die ‘Dreifach Weiße’ ist ein Klassiker unter den Hülsenfrüchten. Auffällig sind die reinweißen Blüten. Frisch geerntet behalten die grünen Kerne auch beim Kochen ihre Farbe. Im trockenen Zustand sind sie weiß.

Kerne der Sorte ‘Rotsamige’ sind bei Vollreife fast schwarzviolett. Ihre Farbe geht beim Kochen jedoch größtenteils ins Kochwasser über. Die Basis der schwarz-weißen Blütenblätter ist zartviolett gefärbt.

‘Hangdown’ ist eine robuste Sorte mit schwarz gefleckten, weißen Blüten. Ihre grünen Kerne sind besonders zart und bei Feinschmeckern beliebt.
 


Schmackhafter Zuckermais
Schon mehrere tausend Jahre vor unserer Zeitrechnung spielte der Mais in Süd- und Mittelamerika eine bedeutende Rolle als Nutzpflanze. So gehörte der Maisgott bei den Maya zu den wichtigsten Gottheiten. Christoph Kolumbus brachte 1493 die ersten Maiskolben nach Europa.

Heute rücken alte, schmackhafte Zuckermaissorten wieder in den Blickpunkt der Gartenfreunde. Ziehen Sie Jungpflanzen ab April auf der Fensterbank vor. Nach den Eisheiligen können Sie auch direkt ins Freiland säen. Erntezeit ist – je nach Witterungsverlauf – von August bis September.
‘Golden Bantam’, eine bewährte Hobbygärtnersorte, entstand bereits im Jahr 1902. Ihre Kolben schmecken angenehm süß.

‘Black Aztek’ ist eine alte indianische Zuckermaissorte, die durch schwarze Körner auffällt.

Das Auge isst mit: Bunter Mais
Echte Hingucker sind alte indianische Stärkemaissorten wie ‘Mandan Yellow’, ‘Mandan Red’, ‘Man­dan White’, ‘Mandan Smoky Blue Flour’, ‘Lavender Parching’ und ‘Mandan Speckled’. Die Mandan-Indianer kultivierten sie am Oberlauf des Missouri (Nord-Dakota). Durch das nördliche Ur­sprungs­ge­biet ist ihr Vegetationszyklus besser an die Tageslängen unserer Breitengrade angepasst als der weiter südlich kultivierte Mais der Hopi-Indianer. Dadurch reifen die Mandan-Sorten bei uns meist besser aus. Obwohl sie oft als „Ziermais“ angeboten werden, können Sie die Pflanzen auch als Gemüse nutzen. ‘Lavender Parching’ ist z.B. ein hervorragender Röstmais. Insbesondere Kinder schätzen die bunte Körnervielfalt.

StärkemaissorteFoto: www.deaflora.de ‘Lavender Parching’, eine alte Stärkemaissorte der Mandan-Indianer, eignet sich hervorragend zum Rösten.
Aus Erfahrung gut!
Das hier vorgestellte Fruchtgemüse bereichert die Vielfalt des Lehr- und Erlebnisgartens FlorAtrium. Ich freue mich da­rauf, in Zukunft noch viele alte „Gartenschätze“ neu zu entdecken und damit auch andere Gartenfreunde zu begeistern.

Hartmut Clemen
Landesfachberater des Landesverbandes
der Gartenfreunde Bremen


 

Bezugsquellen:


Bingenheimer Saatgut AG
Tel. 0 60 35/1 89 90
www.bingenheimersaatgut.de

Gündels Kulturstall
Tel. 0 37 65/1 62 88
www.guendels-kulturstall.de/shop

Dreschflegel
Tel. 0 55 42/50 27 44
www.dreschflegel-saatgut.de

Kiepenkerl
Tel. 0 26 61/9 40 52 84
www.nebelung.de