Gärtnern im Zeichen des Wassermanns

Die Magie der Seerosen

‘Burgundy Princess’ geht die Regie­ rungsgeschäfte langsam an, herrscht dann jedoch mit unvergleichlicher Majestät über ihr Wasserreich. Nebelschleier schweben über dem Röhricht. Ein Frosch ver­harrt reglos auf dem tauglänzenden Seerosenblatt. Noch ruht die Welt, nur ein Teichrohrsänger durch­ bricht vom ersten Sonnenlicht ani­miert die morgendliche Stille. Und dann, ganz allmählich, offenbart sich das Wunder der Nymphaea. Wie von Zauberhand öffnen sich überall auf der Wasserfläche Blü­tensterne von solcher Pracht und Anmut, dass selbst der muntere Teichrohrsänger das Schauspiel nicht stören mag.

Erhobenen Hauptes und in dunklem
Rosarot präsentiert ‘Froebeli’ ihre
schlanken Blütenkelche.
Wer solche Momente selbst nach über 30 Jahren als Seerosengärt­ner noch genießen kann, der hat den wohl richtigen Beruf gewählt. „Wasser und Seerosen haben schon als Kind eine unglaubliche Faszi­nation auf mich ausgeübt, sonst hätte ich es wohl nie riskiert, mich auf eine derartige Nische zu verle­gen“, schmunzelt Jörg Petrowsky von der gleichnamigen Wasser­pflanzengärtnerei. Der gelernte Staudengärtner begann 1985 bei Null, als er beschloss, sich auf See­rosen zu spezialisieren. Genauer gesagt 1,20 m unter Null, denn so tief waren die ehemaligen Fisch­teiche, die er damals eigenhändig für den Anbau der faszi­nierenden Schwimmblattpflanzen um­baute.

‘Pink Beauty’ ist eine der beliebtes­ten rosa blühenden Seerosen. Die Blüten der mittelstark wachsenden Sorte erscheinen von Juni bis in den Oktober hinein in großer Zahl. Wie bei vielen Seerosen sind die Blatt­unterseiten rötlich gefärbt. Kann man für Wasserpflanzen brennen? Offensichtlich schon, anders ist es wohl kaum erklärbar, dass er die ersten Jahre durchstand. „Anfangs habe ich nicht wenig Lehrgeld bezahlt, denn es gibt kei­ne eigene Ausbildung zum Seero­ sen- oder Wasserpflanzengärtner, mein heutiges Wissen ist hart er­arbeitet. Aber es hat sich definitiv gelohnt und ich freue mich jedes Mal, wenn ich bei meinen Kunden die gleiche Begeisterung spüre, die ich nach wie vor für meine Seerosen empfinde.“

Die einzelne Blüte hält nur wenige Tage

Sie machen es einem aber auch leicht, sie zu lieben, die Nymphaea, wie der botanische Name der See­rosen lautet. Perfekt in ihre Sym­metrie, unfassbar rein in ihrer Wir­kung und dank der klaren Far­ben weithin sichtbar, schmücken die eleganten Blütenkronen die Was­seroberfläche je nach Sorte zwi­schen Anfang Mai und dem ersten Frost. „Was viele Menschen nicht wissen: Die einzelne Seerosenblü­te hält nur drei bis fünf Tage, da­nach zieht sie sich unter die Was­seroberfläche zurück. Aber da sich immer neue Blüten bilden, fällt das kaum auf“, erläutert Jörg Pe­trowsky.

Perfektes Timing: Blüten nach dem Sonnenstand

Wer ausreichend Platz hat und es auch optisch üppiger mag, wird ‘Lily Pons’ lieben.

Was Gartenbesitzern hingegen im­mer wieder auffällt, ist die streng am Sonnenstand ausgerichtete Blü­tezeit im Tagesverlauf. „Die meisten Sorten blühen von 10 bis 15 Uhr – wer immer erst um 16 Uhr von der Arbeit nach Hause kommt, bekommt dann schnell den Ein­druck, seine Seerose blühe nie. Das ist nur einer der Gründe, weshalb man sich vor dem Kauf beraten lassen sollte.

Denn es gibt sie ja, die Band­breite an Sorten: früh im Jahr blü­hende, spät im Jahr blühende, Früh­aufsteher und bis in die Nacht blü­hende. Und natürlich sowohl schwachwachsende als auch aus­gesprochen wüchsige Sorten. „Wun­derschön und robust sind sie alle – wenn man die für den je­weiligen Zweck passende Sorte auswählt.“ Ob er selbst sich für eine einzige Sorte entscheiden könnte? „Wohl kaum, deshalb ha­be ich ja auch den für mich idea­len Beruf“, meint Jörg Petrowsky und lässt den Blick über sein blühendes Reich schweifen. Der Himmel, er kann auch im Wasser liegen.

Die rötlich marmorierten Blätter verleihen der ohnehin schon äußerst attraktiven Sorte ‘Denver’ einen Extra-Kick. Sie blüht ab Juni überreich mit gefüllten cremeweißen Blütenschalen.

Die passende Sorte für jeden Zweck

Der besondere Zauber von See­rosen entsteht in der Korrespon­ denz mit der spiegelnden Was­seroberfläche. „Für eine optimale Gesamtwirkung sollten die See­rosenblätter daher lediglich ein Drittel des Teichs bedecken“, er­klärt Jörg Pe­trow­sky. Für Be­sitzer kleiner Gärten be­deutet das: gezielt schwach­wüchsi­ge Sorten auswählen, etwa die bewährte weißblühende ‘Walter Pagels’, die sich für Was­ser­tiefen von 20–50 cm eignet. „Sie be­nötigt in der Fläche gera­de mal einen halben bis einen Quadratmeter und hat für eine schwachwüchsige Seerose recht große Blüten mit immerhin bis zu 10 cm Durchmesser. Außerdem ist die Fernwirkung sehr gut.“

„Sie be­nötigt in der Fläche gera­de mal einen halben bis einen Quadratmeter und hat für eine schwachwüchsige Seerose recht große Blüten mit immerhin bis zu 10 cm Durchmesser. Außerdem ist die Fernwirkung sehr gut.“

Als eine der attraktivsten Sor­ten für etwas größere Teiche empfiehlt er ‘Sunny Pink’, deren Blütenfarbe zwischen zartem Ro­sa, Apricot und warmem Gelb­orange changiert. Räumt man ihr mindestens 2 m 2 Wasseroberflä­che ein, garantieren die bis zu 20 cm großen Blütenschalen See­rosenzauber vom Feinsten. Die absoluten Minis im Sortiment sind die gerade mal 2,5 – 5 cm großen Blüten der Art Nymphaea tetragona. „Diese weißblühende Art eig­net sich optimal für Mini-Teiche, sogar im Kübel, und blüht im Ge­gensatz zu den meisten Seerosen auch im Halbschatten zuverlässig.“ Sein Gestaltungstipp: „Man sollte die ohnehin begrenzte Wasser­fläche nicht noch durch Rohrkol­ben oder ähn­liche Wasserpflanzen ver­kleinern. Mit Gräsern außer­halb der Wasserfläche erzielt man einen ganz ähnlichen optischen Effekt.“

GMH/BdS