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Buchstäblich kerngesund: die Quitte

Schlagworte zu diesem Artikel:
  • Quitten
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Quitten duftenFoto: Buchter-Weisbrodt Quitten bestechen unter anderem durch ihren betörenden Duft Als Krönung des Obstgartens galten die „kydonischen Äpfel", die nun als nutzbarer Zierbaum oder zierender Nutzbaum wieder häufiger in Gärten Einzug halten. Allerdings machen dieser eigentlich anspruchslosen, pflegeleichten Obstart seit kurzem die zunehmenden Pilz- und Bakterieninfektionen wie Feuerbrand und Blütenbrand zu schaffen.


Plädoyer für die Quitte

Wer Quitten erst einmal bewusst wahrnimmt, kommt rasch auf den Geschmack. Die Frucht besticht durch ihr anregend leuchtendes Gelb, die aparte Form und ganz besonders durch den geradezu be­tö­ren­den Duft.

„Schmeckbirne" sagt deshalb der Volksmund zur Quitte. Unsere Vorfahren kannten zwar nicht den Begriff „Aromatherapie", aber in gewisser Weise setzten die Hausfrauen sie um, indem sie einige Früchte in den Wohnstuben aufbewahrten und in den Wäscheschrank legten, damit sich der Wohlgeruch ausbreitete und eine angenehme Atmosphäre schaffte. Die Großmütter wussten auch noch, wie vielseitig sich die heilkräftige Frucht in der Küche verwenden lässt, und bereiteten daraus Saft, Sirup, Mus, Fleischbeigaben, Eingelegtes, Konfitüre, Gelee, Konfekt, Paste, Dörrobst, Likör und Schnaps.


Heilwert anno dazumal

QuittenkerneFoto: Buchter-Weisbrodt Quittenkerne enthalten große Mengen an Schleimstoffen Als die „für Heilzwecke nützlichste Frucht" bezeichnete Hippokrates im 4. Jh. v. Chr. die Quitte. Auch Athe­nae­us (200 v. Chr) lobte sie als hilfreich für die Heilkunst. Plinius der Ältere beschrieb in seiner „Historia na­tu­ra­lis" verschiedene Quittenzubereitungen gegen 21 verschiedene Leiden. Auch Hildegard von Bingen (1099 bis 1179) und Albertus Magnus (1193 bis 1280) empfahlen die Quitte als heilwirksame Frucht.

Unter den von den früheren Heilkundigen genannten Wirkungen der Quitte finden sich zum Teil wahre Wunderkräfte, die sicherlich die Fähigkeiten der Frucht bei weitem übersteigen. Nur wenige An­wen­dun­gen haben sich bis heute erhalten. Die Ärzte früherer Jahrhunderte setzten die Quitte ein– äußerlich bei Hautverletzungen, Augenentzündungen, Geschwüren, Krämpfen, Was­ser­an­samm­lun­gen und Haarausfall („Kahlköpfigkeit")– innerlich bei Gicht, Arteriosklerose, zur Magen- und Leberstärkung, bei starkem Speichelfluss, Mundgeruch, Kurzatmigkeit, Durchfall, Fieber, Bronchitis, Husten und Heiserkeit.

100 g frische Quitten enthalten
kcal/kJ 40/165
Wasser (g) 81
Kohlenhydrate (g) 13
Rohfaser (g) 2
Pektin (g) 1,5
Organische Säuren (g) 0,8
Mineralstoffe (g) 0,5
Rohprotein (g) 0,4
Fett (g) 0,4
Gerbstoffe (g) 0,3
Vitamin C (mg) 15
Vitamin B1 (mg) 0,03
Vitamin B2 (mg) 0,03
Vitamin B5 (mg) 0,2
Kalium (mg) 200
Phosphor (mg) 20
Kalzium (mg) 15
Magnesium (mg) 10
Natrium (mg) 2
Eisen (mg) 0,6
Fluor (mg) 0,01

 

Einige der früher beschriebenen Heilwirkungen der Quitte lassen sich aus ihren Inhaltsstoffen ableiten. Auffallend hoch ist der Gehalt an Pektinen, Gerbstoffen, Rohfaser und Kalium.

Der Apfel gilt mit einem Pektingehalt von 0,5 bis 1,5 % als ausgesprochener Pektinträger. Noch reicher an diesem wertvollen Ballaststoff ist nur die Quitte mit 1,2 bis 1,8 %. Pektine bewirken den Zusammenhalt der Fruchtfleischzellen und damit die Festigkeit. Zudem regulieren sie durch ihre Quellfähigkeit den Wasserhaushalt. Nach der Ernte baut sich das wasserunlösliche Protopektin zu wasserlöslichem Pektin ab, die Früchte werden allmählich mürber.

Im menschlichen Organismus wirken Ballaststoffe wie Pektine und Zellulose als „Putzkolonne". Ihre Faserstruktur und ihr Quellvermögen befähigen sie dazu, Schadstoffe zu binden und aus dem Körper zu schaffen.

Da Ballaststoffe unverdaulich sind, regen sie die Peristaltik an. Neben ihrer Funktion als Entgifter und Verdauungsförderer senkt vor allem Pektin den Cholesterinspiegel, normalisiert den Blutzuckerspiegel und beugt Darmkrebs vor.

Auch in Bezug auf den Kaliumgehalt übertrifft die Quitte den Apfel mit 150 bis 210 mg gegenüber 100 bis 180 mg. Der Mineralstoffgehalt spielt eine wichtige Rolle für den Wasserhaushalt und die Reizübertragung der Nerven. Kaliummangel äußert sich in Schwächegefühlen, Müdigkeit und Verstopfung.


Samenreich und kerngesund

Quitte in der KücheFoto: Buchter-Weisbrodt Vielfältig lässt sich die Quitte in der Küche verwenden Wie der Apfel ist die Quitte ein Rosengewächs. Ihr Kerngehäuse besteht aus fünf Kammern. Während sich beim Apfel maximal zwei Kerne je Kammer finden, entwickeln Quitten vielfach sechs bis acht Samen in jeder Kammer. Der Samenreichtum ist medizinisch gesehen ein Segen. Quittenkerne enthalten enorm hohe Mengen an Schleimstoffen, die äußerlich und innerlich lindern und heilen.

Der aus den Kernen hergestellte Quittenschleim („Mucilago Cydoniae") war früher eine gängige Arznei, die Apotheken stets auf Vorrat hielten. Heute muss man ihn selbst herstellen: Einen Teil unzerkleinerter (!) Kerne in acht Teilen Wasser ansetzen und nach einer Viertelstunde den entstandenen Schleim abgießen.

Äußerlich wird er eingesetzt bei Sonnenbrand, Abschürfungen, rissiger Haut, spröden Lippen und entzündeten Augen. Als innere Anwendung wird Quittenschleim auch heute noch bei Magen- und Darmschleimhaut-Entzündung, Halsweh, Bronchitis und Husten empfohlen.

Getrocknet halten sich Quittenkerne lange Zeit. Bei Heiserkeit, Husten oder Halsschmerzen dienen die trockenen Samen als wirksames Linderungsmittel und können Hustenbonbons, Hustensaft oder Halspastillen ersetzen: Einfach nur einige Samen lutschen. Dabei sondert sich der heilwirksame Schleim ab. Zerkauen sollte man die Kerne aber nicht; sie schmecken extrem bitter und können Übelkeit hervorrufen – allerdings nur, wenn sie in großen Mengen gegessen statt gelutscht werden.

 

Kydonische Äpfel

Griechische Sagen behaupten, dass in der antiken Stadt Kydonia auf der Insel Kreta der erste Quittenbaum gepflanzt wurde. Die Botaniker sehen den Ursprung dieser Frucht allerdings in Nordpersien.

Dennoch blieb der griechische Name „Apfel aus Kydon" erhalten und spiegelt sich in der botanischen Bezeichnung für die Quitte wider: Cydonia oblonga. Die Germanen, die den Baum von den Römern kennen lernten, veränderten das Wort, daraus wurde im Althochdeutschen der Begriff „Quitina" und später „Kittenapfel".

Dr. Helga Buchter-Weisbrodt