• Kleingartenwesen

Hotspots der Artenvielfalt

Kleingärten als Rückzugsgebiete für Tiere und Pflanzen

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Pflanzenbestand in den KleingärtenFoto: Flora Press/Meyer-Rebentisch Der vielfältige Pflanzenbestand in den Kleingärten bietet besonders Insekten einen Lebensraum.

Unsere Kleingartenanlagen sind ein seit über 200 Jahren vom Menschen gestalteter Lebensraum und somit ein Bestandteil unserer Kulturlandschaft. Am Anfang befanden sich die meisten Anlagen am Rande der Städte – aber noch in der Nähe der Wohn- und Arbeitsstätten der Menschen. Mit dem rasanten Wachstum unserer Städte wurden viele Kleingärten von Industriebetrieben und Wohngebieten eingeschlossen und „rückten“ so in die Zentren. In der Folge verschwanden zwar einige Tiere und Pflanzen aus den Anlagen, doch viele andere blieben bis heute.

So wurden die Kleingartenanlagen Archen für den Erhalt vieler Tier- und Pflanzenarten, deren Bedeutung für den Natur­schutz in Zeiten leer geräumter Agrarwüsten steigt. Viele Tierarten haben in den Kleingärten neue Rückzugsgebiete gefunden. Ein Beispiel dafür ist die Ringelnatter, gerade diese Tierart wurde vom Menschen ihrer natürlichen Lebensräume beraubt. Komposthaufen, kleine Gartenteiche und Biotope auf den Parzellen ermöglichen ihr, sich mit der Anwesenheit des Menschen zu arrangieren.

Gegen das Insektensterben

Wir Kleingärtner können die Artenvielfalt in den Anlagen weiter steigern. Vögeln kön­nen wir einen Lebensraum schaffen, indem wir Hecken, Bäume und Sträucher pflanzen, die den Tieren einen Unterschlupf und Nahrung bieten. Selbst Spatzen finden mittlerweile in den Städten keinen Platz mehr zum Leben und weichen immer öfter auf unsere Gartenanlagen aus.

Auch die Honigbiene und ihre wilden Verwandten sind auf städtisches Grün und auf Kleingartenanlagen angewiesen. Dort finden sie während der gesamten Vegetationsperiode ein Blütenmeer, das ihnen Nektar und Pollen liefert. Davon profitieren nicht nur die Bienen, auch viele Schmetterlingsarten sichern so ihren Fortbestand.

Spatzen im GartenFoto: mauritius images/Jerome Murray – CC/Alamy Sogar Spatzen weichen immer öfter in unsere Anlagen aus.

In der Öffentlichkeit ist zurzeit das „Insektensterben“ ein großes Thema, und damit auch der Verlust der Gartenvogelpopulationen. Ganze Nahrungsketten brechen zusammen mit nicht absehbaren Folgen. Nach einer groß angelegten Studie aus dem Jahr 2017 ging die Zahl der Insekten in den letzten 27 Jahren um 76 % zurück! Für die Untersuchung werteten die Wissenschaftler das Aufkommen der Tiere an 63 Orten in Deutschland aus – besonders bedenklich: Alle befanden sich in Naturschutzgebieten.

Man sollte sich nur einmal daran erinnern, wie viele Insekten noch vor ein paar Jahrzehnten im Sommer an den Windschutzscheiben der Autos kleben blieben – heute muss die Frontscheibe nicht mehr alle paar Tage gereinigt werden.

Wir haben es in der Hand!

Besonders die Insekten können in den Kleingärten einen Platz zum Überleben finden. Der vielfältige Pflanzenbestand in den Anlagen bietet ein Refugium für viele Tiere. Dafür, die Artenvielfalt auf den Parzellen weiter zu erhöhen, schafft das naturnahe Gärtnern die besten Voraussetzungen: Verzichten Sie auf Herbizide und Insektizide im Garten, räumen Sie Ihre Beete im Winter nicht leer, schaffen Sie Rückzugsorte und pflanzen Sie Gehölze, Stauden und Blumen, die nicht nur gut aussehen, sondern für Tiere Nahrung und Unterschlupf bereithalten.
Mit der steigenden Bedeutung der Kleingärten für den Artenschutz steigt auch die gesellschaftliche Bedeutung des Kleingartenwesens. Wenn es uns weiter gelingt, für Tiere und Pflanzen einen Lebensraum in den Anlagen zu gestalten, haben wir gute Argumente, wenn es um den Erhalt unserer Kleingärten geht.

Wir Kleingärtner haben es in der Hand, als kleines Rädchen im großen Räderwerk zur Erhaltung der Artenvielfalt beizutragen. Wir sollten unsere Kleingartenanlagen, unsere „Joker“, nicht für zukünftige Baugrundstücke verspielen und sie auch für unsere Kinder erhalten. Naturkontakte haben einen großen Einfluss auf ihre Entwicklung, und Kleingärten bieten Möglichkeiten, der Kreativität freien Lauf zu lassen. Ein Grund mehr, warum es so wichtig ist, dass die Kulturlandschaft „Kleingarten“ auch die nächsten 200 Jahre erhalten bleiben sollte!

Hans-Dieter Schiller
Vorsitzender des Landesverbandes
der Gartenfreunde Schleswig-Holstein