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Grüne Kernkompetenz

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Fachberater-Ausbildung draussenFoto: Salden Die Fachberater-Ausbildung – hier beim Landesverband Sachsen – ist umfangreich und vielseitig.

Vögel und Insekten, üppiges Grün, Kleintiere, unendlich viele bunte Blüten und duftende Kräuter, gesunde Obst- und Gemüsepflanzen und eine tolle gärtnerische Gestaltung der Par­zellen und Gemeinschaftsflächen: Das spricht für einen aktiven Verein mit einer gut ausgebildeten und engagierten Fachberatung! Kleingärtnervereine, die das bieten können, sind ausgesprochen attraktiv.

Image und Wirklichkeit

Jedoch ist noch immer vielen Pächtern und auch Vorständen nicht bewusst, wie viel Wissen eine gute gärtnerische Fachberatung benötigt. Im Berufsbild Gärtner sehen heute die meisten Menschen lediglich „Servicekräfte“ bei der Pflege von Grünanlagen: Sie mähen den Rasen, schneiden die Hecke, fegen Laub zusammen ... Das kann man auch selbst. Hier beginnt das Dilemma mit der manchmal fehlenden Wertschätzung der Gartenfachberatung.

Heutzutage können Jugendliche zwar durchaus eine Tomate von einer Erdbeere unterscheiden, doch spätestens bei Sellerie und Pastinaken hören die Kenntnisse meist auf. Und auch von ihren Eltern oder Lehrern können nicht mehr viele Rotbuchen, Blutbuchen und Hainbuchen auseinanderhalten. Hier setzt sich das Dilemma der Fachberatung fort: Sie stößt auf wenig fruchtbaren Boden und aufgrund dieser bei vielen Menschen vorhandenen großen Unwissenheit auch auf wenig Wertschätzung.

Fachberater-Ausbildung drinnenFoto: Salden

Im Gesetz verankert

Offenbar weiß der Gesetzgeber von dieser „deutschen Bildungsmisere“ im Grün­bereich: Im Bundeskleingartengesetz hat er in § 2 (Kleingärtnerische Gemeinnützigkeit) die fachliche, also die gärtnerische Betreuung der Mitglieder zum Satzungsziel erhoben. Jeder Kleingärtnerverein und -verband ist also im Interesse des Erhalts seiner Gemeinnützigkeit zur gärtnerischen Fachberatung verpflichtet – und zum Anbau kleingärtnerischer Nutzpflanzen (§ 1) sowieso.

Das könnte ein weiterer Aspekt des Wertschätzungs-Dilemmas sein: Dinge, die ausgeführt werden, weil sie per Gesetz vorgeschrieben sind, bringen wenig Anerkennung.

Interesse wächst stetig

Und trotzdem steigt seit Jahren die Zahl der Gartenfreunde an, die sich z.B. an der Sächsischen Gartenakademie zum Fachberater ausbilden lassen möchten. Die verfügbaren Plätze reichen hier im Augenblick nicht aus.

Jedoch glaube ich nicht, dass diese Gartenfreunde in erster Linie in der Hoffnung auf Wertschätzung nach Pillnitz kommen. Sie tun es, weil es gut zu ihnen passt und ihnen Freude macht! Sie tun es der Sache wegen: um überhaupt erst mal Einblick ins Gärtnern zu kriegen oder weil sie schon immer gerne gärtnern und noch etwas dazulernen möchten, weil sie nach der Ausbildung mehr als nur „Heckenschneider“ sein werden: Baumkundige, Gartenarchitekten, Pflanzendoktoren, Projektmanager, Pflanzenschutz-Sachkundige – und vielleicht auch Sellerie-Spezialisten.

Sie tun es, weil sie diese Plattform nutzen möchten, um sich zu vernetzen, um zukünftig mit noch mehr Garten-Gleichgesinnten aktiv sein zu können, und vielleicht auch, weil sie wirklich im Verein gebraucht werden, weil der neue Vorsitzende erkannt hat, wie wertvoll eine gute fachliche Beratung ist, und einen Fachberater im Vorstand haben möchte. Das wäre die willkommene Ausnahme, die die Regel bestätigt.

Jetzt und in Zukunft ist die Wertschätzung für die Fachberatung wichtig und notwendig – und wir alle sollten uns darin üben. Wertschätzung dafür, dass Fachberater Natur vermitteln, den Verein zukunftsfähig erhalten, dass sie anderen helfen, sich gesund zu ernähren, Zeit in Gemeinschaft zu verbringen und sich von Pflanzen „bilden“ zu lassen, dafür, dass sie anderen helfen, zu gärtnern.
Ich freue mich auf viele neue, engagierte Fachberater. Die Zukunft wird sie brauchen! Und ich wünsche mir viel, viel mehr Kleingärtner und Vorstände, die deren Arbeit nutzen und wertschätzen.

Jörg Krüger
Ingenieur für Pflanzenzüchtung, Fachberater
des Landesverbandes Sachsen der Kleingärtner