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Tipps zum Obstbaumkauf

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Tipps zum ObstbaumkaufFotos: mauritius images/Mint Images Ltd./Tim Robbins

Beim Pflanzenkauf stechen oft große, bunte Etiketten ins Auge, die mit wohlklingenden Werbeversprechen versehen sind. Doch die wirklich wichtigen Kriterien für die Qualität eines Obstgehölzes sind weniger auffällig, hier geht es mehr um „innere Werte“. Worauf sollten Sie also achten?

Der Kauf von Obstgehölzen ist Vertrauenssache. Setzen Sie darauf, dass die erworbene Pflanze gesund ist und sortenecht, also mit dem Sortennamen auf dem Etikett übereinstimmt, – und dass Ihnen eine fachgerechte Beratung geboten wird. Diese können nur erfahrene Obstgehölz-Fachleute bieten, die Sie am ehesten in Gartenbaumschulen oder Fachgartencentern finden. Aber auch in Gartencenterketten arbeiten ausgebildete Gärtner mit gutem Fach­wissen.

Gartenbaumschulen​Foto: mauritius images/Zoonar/Alamy Einige Gartenbaumschulen bieten ab Oktober auch wurzelnackte Obstbäume an.

Bei welchem Anbieter Sie die besten Pflanzen sowie die beste Beratung bekommen, ist nicht pauschal zu sagen. Seien Sie kritisch, vergleichen Sie und bleiben Sie demjenigen Anbieter treu, mit dem Sie gute Erfahrungen gemacht haben.

Im Topf oder wurzelnackt?

Früher wurden Obstgehölze meist wurzelnackt verkauft, also Pflanzen mit losen Wurzeln ohne Topf, die von Fachleuten auch als „Wurzelware“ bezeichnet werden. Auch Profi-Obstbauern verwenden überwiegend wurzelnackte Pflanzen, die in der Regel von Oktober bis Dezember aus dem Boden gepflügt und dann bis in den Mai hinein verkauft werden. Wenn Sie sie von November bis März pflanzen, wachsen sie normalerweise sehr gut an und bilden im folgenden Sommer auch noch kräftige Triebe.

In Gartencentern sind wurzelnackte Pflanzen aber kaum noch zu finden, da sie im Sommer nicht verkauft werden können und sich im Winterhalbjahr nicht so schön präsentieren lassen wie Pflanzen in Töpfen. Obstgehölze in Töpfen (sog. Containern) können Sie bei passendem Wetter das ganze Jahr über pflanzen und sind eine gute Wahl.

Bäume im ContainerFoto: mauritius images/Hans-Peter Merten Bäume im Container können Sie rund ums Jahr kaufen.

Kein Etikettenschwindel

Bei der Kaufentscheidung spielt das ­Etikett eine wichtige Rolle. Zunächst kann ein Foto der Frucht aufschlussreich sein – allerdings sind diese Bilder häufig stark bearbeitet. Gelegentlich sind sie sogar vollkommen falsch und stammen von anderen Sorten. Legen Sie also nicht zu viel Vertrauen in die bunten Bilder.

Die wichtigste Angabe ist der Sortenname, denn jeder Sorte können Sie Eigen­schaften wie Fruchtfarbe, Geschmack, aber auch Vitalität und Widerstandsfähigkeit klar zuordnen. Der botanische Name ist auf den Etiketten von Obstbäumen hingegen oft nicht angegeben. Normalerweise stimmt die Sortenbezeichnung, in manchen Fällen werden aber auch Etiketten anderer Sorten angebracht, oft irrtümlich, manchmal aber auch absichtlich, weil die bestellte Sorte nicht verfügbar ist. Daher ist es sehr wichtig, dass der Anbieter, bei dem Sie kaufen, bei seinen Vorlieferanten, die in der Regel die Etikettierung durchführen, auf absolute Sortenechtheit besteht.

Säulenkirsche der Sorte ­‘Sylvia’Foto: Beltz Säulenkirsche der Sorte ­‘Sylvia’ auf der Unterlage ‘Gisela 5’ veredelt.

Obstbäume werden in der Regel veredelt. Dabei wird die Edelsorte auf eine Unterlage gepfropft oder okuliert. Die zweitwichtigste Etiketten-Angabe ist daher bei veredelten Obstbäumen die Unterlage. Sie bestimmt wichtige Eigenschaften wie Wuchsstärke, Höhe, Ertrag und auch die Lebenserwartung der Pflanze. Die Vielfalt der Unterlagen ist riesig und dadurch manchmal verwirrend. Ohne die korrekte Angabe auf dem Etikett lässt sich auch von Fachleuten meist nicht eindeutig bestimmen, wie die Pflanze später wächst.

Schließlich sind häufig noch Angaben über die Pflanzengesundheit wie „CAC“ oder „virusfrei“ zu finden. Der Mindeststandard CAC (Conformitas Agraria Communitatis) bestätigt, dass die Pflanze frei von sichtbaren Schäden und Krankheiten ist. Pflanzen, die außerdem frei von allen wirtschaftlich bedeutsamen Viruserkrankungen (z.B. Apfelmosaikvirus) sind, werden als „virusfrei“ deklariert. Die oft auf dem Etikett angegebene EU-Pflanzenpass-Nummer hat für den Gartenfreund hingegen keine Bedeutung (siehe auch S. 4).

Baumschulgehölze sollten grundsätzlich frei von Schaderregern sein und sind das in der Regel auch. Im Sommer treten gelegentlich Pilzkrankheiten oder Insekten an den Blättern auf, schlimmer sind jedoch Schaderreger an Zweigen oder Wurzeln wie Obstbaumkrebs und Wurzelfäule. Die sind zwar sehr selten, trotzdem sollten Sie natürlich beim Kauf darauf achten.

Abstriche bei der Schönheit

Das Wurzelbild ist abhängig von der Unterlage: Manche Unterlagen bilden sehr starke, wenig verzweigte Wurzeln (Vogelkirsche), andere dichtes Faserwurzelwerk (Quitte) und wieder andere schwache Wurzeln („Apfel M 9“). Grobe oder schwache Wurzeln sind bei Obstbäumen daher in vielen Fällen völlig normal und bilden auch keine Probleme beim Anwachsen.

Die Veredelungsstelle bleibt nach dem Zusammenwachsen von Unterlage und Edelsorte sichtbar: Etwa 20 cm über dem Erdboden ist eine „hässliche“ Krümmung zu sehen, über der sich oft eine Wulst bildet. Das ist aber nicht zu vermeiden und daher kein Grund zur Beanstandung.

Für jeden die richtige Sorte

Die Sortenwahl ist schwierig. Die Hauptsache ist, dass die Früchte Ihrem Geschmack entsprechen. Gelegentlich hört man, dass „alte Sorten“ besser schmecken und außerdem widerstandfähiger seien als „neue“, aber das ist als Pauschalaussage völliger Unsinn. Geschmack, Widerstandfähigkeit und alle anderen Eigenschaften variieren von Sorte zu Sorte sehr stark, egal in welchem Jahr sie gefunden oder gezüchtet wurde.

Stattdessen ist es wichtig zu prüfen, ob die gewünschte Sorte für den eigenen Standort geeignet ist. Fachleute aus der Region sind in dieser Hinsicht bessere Informationsquellen als Allgemeinaussagen in Literatur und Internet.

Für jeden die richtige SorteFoto: picture alliance/ZB/Patrick Pleul

Befruchtersorte nötig?

Eine Frage, die oft gestellt wird, ist die, ob eine zweite Sorte nötig ist, damit die gekaufte Pflanze später auch wirklich Früchte trägt. Das ist meist jedoch nicht so entscheidend wie befürchtet: Viele Sorten (Pflaumen-/Zwetschensorten, Pfirsiche, Sauerkirschen, manche Süßkirschensorten etc.) sind selbstfruchtbar, d.h., sie können auch von ihrem eigenen Pollen befruchtet werden.
Auf Plantagen mit tausenden Bäumen derselben Sorte sind Befruchtersorten bei Birnen, Äpfeln und selbststerilen Steinobstsorten sehr wichtig. In Kleingärten finden sich jedoch meist genügend geeignete Befruchterbäume in der Nachbarschaft. 

Ein- oder zweijährig?

Obstbäume gibt es in verschiedenen Altersstufen. Diese werden meist ab dem Veredelungszeitpunkt gerechnet: Die jüngsten sind „einjährige Veredelungen“, die nach der Veredelung eine Vegetationsperiode lang gewachsen sind und normalerweise aus einem Mitteltrieb mit wenigen, meist noch schwachen Seitentrieben bestehen.

Die nächste Stufe, die „zweijährige Veredelung“, ist die Standardverkaufsgröße für Obstbäume für den Klein- und Hausgarten. Durch Anschnitt des Mitteltriebs wurde bei ihnen eine Krone mit mindestens vier Trieben gezogen, von denen der Mitteltrieb später die Stammverlängerung und die übrigen drei oder vier seitliche Tragäste bilden sollen.

Baum oder Bäumchen?

Abhängig von Unterlage und Edelsorte gibt es eine große Bandbreite verschiedener Baumformen, Stammhöhen und Wuchshöhen – vom Zwergbäumchen bis zum Hochstamm.
Hochstämme und Halbstämme werden auf starkwüchsige Unterlagen veredelt und wachsen beide zu großen Bäumen von, je nach Obstart, 6–10 m heran. Sie brauchen einige Jahre, bis sie zu tragen beginnen, und sind sehr langlebig. Die größte Stammhöhe (vom Boden bis zum untersten Kronentrieb) von mindestens 180 cm besitzen die Hochstämme, während Halbstämme eine Stammhöhe von ca. 120 cm haben.

Wuchsformen beim ApfelbaumGrafik: Faltermayr (nach Vorlage Beltz)

Büsche sind auf 60 cm Stammhöhe gezogen, werden auf schwächer wachsende Unterlagen veredelt und bleiben daher kleiner (2–6 m). Sie tragen oft schon als zweijährige Veredelung erste Früchte, haben allerdings eine kürzere Lebensdauer. Je nach Wuchsstärke der Unterlage können sie zu schmalen Spindelbüschen oder Buschbäumen mit breiten Kronen gezogen werden.
Noch geringere Stammhöhen von etwa 30–50 cm haben Zwergbäume, oft auch Terrassenbäume oder Minibäume genannt. Sie sind aber weniger zum Auspflanzen in den Garten gedacht, sondern eher zur Kultur im Topf oder Kübel. Eine Sonderform sind Säulenäpfel, die extrem schlank mit einem Mitteltrieb und kurzem Fruchtholz in die Höhe wachsen.

Heinrich Beltz
Landwirtschaftskammer Niedersachsen,
Niedersächsische Gartenakademie

Wie eine bestimmte Unterlage einen Obstbaum wachsen lässt, erfahren Sie hier.