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Robust und natürlich: Wildobst im Kleingarten

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HolunderbeerenFoto: Roemer Holunderbeeren, auch Fliederbeeren genannt, sind wegen ihres hohen Vitamin-C-Gehaltes ein beliebtes Wildobst für die Saftherstellung. In Klein­gartenanlagen eignen sie sich eher für das Rahmengrün. Besonders ertrag­reich sind die Sorten ‘Hamburg’ und ‘Haschberg’. Während wir uns darüber beklagen, dass in unseren Super­märkten immer weniger Obst- und Gemüsesorten angeboten werden, gibt es in unseren Gärten derzeit eine Renaissance alter Sorten. Dabei sind alle unsere Kultursorten aus Wildobstarten hervorgegangen, die vielfach aus unserer Landschaft verdrängt wurden. Daneben bietet uns die Natur eine breite Palette von fruchttragenden Gehölzen, die züchterisch nicht oder nur wenig verändert wurden.


„Wild“ muss nicht „unbändig“ bedeuten

Bei der Frage, ob Wildobst auch für unsere Gärten geeignet ist, lassen wir uns leicht von dem Begriff „wild“ irritieren. „Wild“ wird häufig mit unbändigem Wachstum, gerin­gem Zierwert und niedrigem Er­trag gleichgesetzt. Andererseits steht das Wort für robust, natürlich und pflegearm, Eigenschaften, die wir im Hinblick auf eine naturbeton­te Gar­tennutzung ohne Einsatz von Pflan­zenschutzmitteln gerne nutzen.


Eine klare Zuordnung ist schwierig

Um das Thema besser eingrenzen zu können, ist eine Zuordnung erforderlich. Von Kulturobst sprechen wir immer dann, wenn Gehölze von alters her vom Menschen in Kultur genommen und züchterisch verändert wurden. Beste Beispiele sind Äpfel und Birnen.

VogelbeereFoto: Roemer Die Vogelbeere ist ein verbreitetes heimisches Vogelnährgehölz. Größere Beeren, die für Gelee verwendet werden können, bietet Sorbus aucuparia subsp. moravica. Beim Wildobst kennen wir heimische Arten, die in unserer freien Landschaft verbreitet sind. Wir sammeln die Früchte von Holunder (Sambucus nigra), Ge­wöhn­li­cher Hasel (Corylus avellana), Schlehe (Prunus spinosa) und Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) auf Spa­zier­gän­gen im Herbst. Eingebürgertes Wildobst ist z.B. die Vogelbeere (Sorbus aucuparia), die aus Süd­europa zu uns gekommen ist, oder der Sanddorn (Hippophae rhamnoides), der von der Küste stammt.

Anbaufähiges Wildobst besteht aus Arten, die in ihrer Heimat kultiviert werden, bei uns im Erwerbsanbau aber nicht vorkommen. Diese Arten sind für Gärten oder Parkanlagen geeignet. Wir kennen Edelkastanien, auch Esskastanien genannt, und Walnuss, aber auch Pfirsiche, Feigen und Kiwi.

Schließlich zählen wir Gehölze mit essbaren Früchten zu dieser Gruppe, die uns als Ziergehölze erfreuen, z.B. Felsenbirne (Amelanchier ovalis), Kornelkirsche (Cornus mas) oder Berberitze (Berberis vulgaris), auch Sauerdorn genannt. Häufig wissen wir nicht einmal, dass die Früchte essbar sind. Oder ist Ihnen bekannt, dass die Zierquitte (Chaenomeles japonica), mit deren holzigen Früchten wir als Kinder gespielt haben, auch für Gelee gut geeignet ist?


Eine genaue Auswahl ist wichtig

Alle Pflanzen haben einen natür­lichen Standort, an dem sie optimale Wuchsbedingungen vor­fin­den. Hier neigen sie häufig zu einer star­ken Ausbreitung. Schlehen, Weißdorn (Crataegus) und Brombeeren erobern durch Ausläufer ihren Lebensraum, Holunder (Sambucus) wird von Vögeln weit verbreitet.

Viele Arten werden höher, als es die Gartenordnungen für unsere Kleingärten zulassen. Wir müssen uns gut überlegen, ob wir sie durch regelmäßigen Schnitt begrenzen können und trotzdem einen nennenswerten Ertrag erzielen.

Die heimischen Gehölze sind aber unverzichtbar für das Rahmengrün, das unsere Anlage umgibt. In den Hecken und Gehölzen sind sie ein wichtiger Beitrag für den Naturschutz in unseren Städten.

Genauso sorgfältig müssen wir uns die Pflanzung von Wildobst aus südlichen Regionen überlegen. Unser Klima ist für den Anbau von Pfirsichen, Nektarinen oder Feigen nicht konstant geeignet.

Auch wenn die Züchtung heute robustere Sorten anbietet, kann der Ertrag unregelmäßig sein oder die Ernte vollständig ausfallen. Da Kleingärtner gerne ausprobieren und die Erntemenge nicht im Vordergrund steht, bieten diese Obstarten aber eine gute Möglichkeit, die kleingärtnerische Nutzung vielfältig zu gestalten.


Kleingärtnerische Nutzung einmal anders

FelsenbirnenFoto: Roemer Felsenbirnen sind aus unseren Garten- und Parkanlagen nicht mehr wegzu­denken. Mit ihrer Blüte, Austriebs- und Herbstfärbung sowie ihren Früchten sind sie das ganze Jahr interessant. Bevorzugen sollten wir die kleinere, in Süddeutschland heimische Gewöhnliche Felsenbirne (Amelanchier ovalis). Regelmäßig werden wir an die Pflicht zur klein­gärt­ne­ri­schen Nutzung unserer Gärten erinnert. Dabei wird zuerst der Anbau von Obst und Gemüse genannt.
Nur am Rande erwähnt werden „andere Gar­ten­bau­er­zeug­nis­se“, also Pflanzen, die der Fruchtziehung dienen. Die „Frucht“ kann so­wohl die Frucht selbst als auch die Blüte für die Vase oder der Trieb für Kränze und Gestecke sein.
 
Hier sollten wir besonders auf die Gruppe der Zier­ge­höl­ze mit essbaren Früchten achten. Wer kennt nicht die Felsenbirnen mit ihren herrlich weißen Blüten, dem kupferfarbenen Blattaustrieb und der leuchtend ro­ten Herbstfärbung? Eher unscheinbar sind die bläulich schwarzen Früchte.

Die Berberitze ist im Süden heimisch, wird in Nord­deutsch­land aber vielfach als Heckenpflanze ver­wendet. Etwas unangenehm sind die vielen Dornen, dafür bietet sie Brutvögeln einen optimalen Schutz vor Feinden.


Verschiedene Arten mit kleineren, rötlichen Blättern, wie z.B. Thunbergs Berberitze (Berberis thunbergii), aber auch Arten mit größeren, grünen Blättern, wie z.B. Julianes Berberitze (Berberis julianae), sind zur Einfassung im Garten geeignet. Und wer möchte, kann aus den säu­erlichen Beeren Säfte, Obstwein, Marmeladen oder kandierte Früch­te herstellen.

Zu den Frühblühern gehört die Kornelkirsche (Cornus mas). Die säu­erlichen Steinfrüchte färben sich ab August rot und eignen sich für Marmeladen, Säfte oder Kompott. Nicht genießbar sind dagegen die Früchte des rottriebigen Blutroten Hartriegels (Cornus sanguinea subsp. sanguinea).

Beliebt wegen seiner vitaminreichen Früchte ist auch der Sanddorn, der mit seinen gelben Beeren auch einen hohen Zierwert hat. Er muss aber regelmäßig geschnitten und in seiner Ausbreitung begrenzt wer­den. Vorwiegend in Mecklenburg findet man auf den Wochen- und Herbstmärkten Sanddornprodukte in einer breiten Palette.

Wer gerne Heidelbeeren isst, sollte daran denken, dass die Heimat von Vaccinium myrtillus die sauren Waldböden sind. Diesen Standort können wir im Garten nicht optimal bieten.

Wer gerne auf blau gefärbte Zun­gen verzichtet, hat die größer werdende, ertragsstarke Kul­tur­hei­delshy;bee­re als Alternative. Sie stammt jedoch nicht von unseren Heidelbee­ren ab. Decken Sie die Pflanzen früh­zeitig mit einem Netz gut ab, unse­re Vögel mögen die Früchte auch!


Kennen Sie „Gestrüppklumpen“?

Zur Bodenbedeckung bietet sich die Immergrüne Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi) an, ein aus Si­bi­rien stammender Kleinstrauch, des­sen Triebe wurzeln. Die Früchte schme­cken allerdings nur mehlig fa­de. Wer die für Kompott sehr gut geeignete, aus unseren Moorwiesen und -wäldern stammende Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea) pflan­zen möchte, sollte lieber auf die zweimal blühende selektierte Sorte ’Koralle’ oder die größer fruchtende ’Erntesegen’ zurückgreifen.

Eine Bereicherung kann die Hunds­rose (Rosa canina), auch Wilde Heckenrose genannt, sein. Sie zeigt den Ursprung unserer vielen gezüchteten Rosensorten und besticht mit einfachen Blüten.

Die leuchtend roten Hagebutten (Hag = Gestrüpp; Butte = Klumpen) eignen sich hervorragend für Gelee und sind eine ­Delikatesse für Weinfreunde. Im ­Gegensatz zur Kartoffelrose (Rosa rugosa) oder zur Weinrose (Rosa rubi­ginosa), auch Schottische Zaunrose genannt, ist sie bei uns heimisch.

Ein anspruchsloser, hübscher Kleinstrauch für den Garten ist die bis zu 1 m hoch werdende Apfelbee­re (Aronia melanocarpa). Ihre Früch­te sind für den Rohverzehr nicht ge­eignet, lassen sich aber in vollrei­fem Zustand zu Marmelade, Mus oder für Mischsäfte verarbeiten.
 
Ebenfalls im rohen Zustand unge­nießbar sind die Früchte des Wol­ligen Schneeballs (Viburnum lantana) und des Gewöhnlichen Schneeballs (Viburnum opulus). Ihre Steinbeeren eignen sich für Marmelade und Gelee. Beide Sträucher werden etwa 4 m hoch und sind bei zurück­haltendem Schnitt für den Garten geeignet.

Wer alte Sorten in seinem Garten kultivieren möchte, darf auf die Jahrtausende alte Kulturpflanze Mispel (Mespilus germanica) nicht verzichten. Die Früchte sind nach Frosteinwirkung teigartig und dann essbar. Wer es großfruchtiger mag, wählt die auf Weißdorn veredelten Auslesen, die keine Dornen haben.


Große Auswahl für das Rahmengrün

SchlehenFoto: Roemer Schlehen schützen unsere Anlagen auf natürliche Weise mit ihrem dichten Dornengeflecht. Ein Schlehenlikör entschädigt für die Qualen beim Pflegeschnitt. Während die Auswahl für den eige­nen Garten gut überlegt sein will und das Angebot durch die vorgegebenen Gartenordnungen begrenzt ist, bietet Wildobst für die Rand- und Innenbegrünung unserer Anlagen eine breite Palette. Wir sollten unbedingt darauf zurückgrei­fen. Diese Gehölze sind für unsere heimische Tierwelt, insbesondere für viele Vogelarten, eine wichtige Nahrungsquelle und natürliche Brutstätte.

Mit der Anpflanzung dieser Gehölze können wir sehr viel für mehr Natur in der Stadt tun. Gewöhnliche Haselnuss und Hartriegel eröffnen den Frühling in der Anlage, Weißdorn, Schlehe und Hundsrose ersetzen Maschendrahtzäune, die Vogel-Kirsche (Pru­nus avium) und in bestimmten Re­gionen die Mehlbeere (Sorbus aria) und der Speierling (Sorbus domestica) sind wertvolle Vogelnährgehölze.

Holunderbeeren können wir eben­so gut am Koloniezaun ernten und müssen dafür nicht weite Wege fahren. Hier ist auch Platz für die Brom­beere, die so ohne Angst vor dem Fuchsbandwurm genossen werden kann, für Stachelbeere oder für die Himbeere.

Bevor wir heimische Gehölze in unsere Anlage pflanzen, sollten wir ihren natürlichen Standort berücksichtigen. Der Speierling kommt z.B. nur in Süddeutschland vor.

Bei der Verwendung von Wild­obst bitte auch den Pflanzenschutz beachten! Weißdorn und Fel­sen­bir­ne sind Überträger des Feuerbrands. Der Schneeball wird stark von Läusen befallen. Allerdings sind die Ge­hölze selbst in der Regel sehr wider­standsfähig und überstehen den Befall meist pro­blem­los. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist bei Wildgehölzen nicht erforderlich.

Joachim Roemer,
Landesgartenfachberater
des ­Landesverbandes
Niedersäch­sischer Gartenfreunde