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Stachelbeeren wiederentdeckt

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Stachelbeeren wiederentdecktFotos: Cora Müller/Adobe Stock

Deutschland ist Stachelbeer-Weltmeister. Nirgendwo auf der Welt werden so viele Stachelbeeren (Ribes uva-crispa) angebaut. Die jährliche Produktion beläuft sich auf über 80.000 t – fast die Hälfte der weltweiten Produktion. Trotzdem finden sich die Sträucher vergleichsweise selten in unseren Gärten. Schade, denn mit der richtigen Sortenwahl und Pflege gedeiht diese heimische Obstart an vielen Standorten und überzeugt mit süßen, aromatischen Beeren.

Der Boden ist die Basis

Das wichtigste Kriterium für einen guten Standort ist ein lockerer Boden ohne Verdichtungen und Staunässe. Ansonsten bevorzugen Stachelbeeren nährstoff- und humusreiche, leicht saure Böden.

Da es sich um Flachwurzler handelt, fördert eine Kultivierung im Damm das Wachstum. Flachwurzler mögen lockeren, leichten Boden und durchwurzeln einen locker aufgeschütteten Damm deutlich schneller als den gewachsenen Boden. Durch Regen und Wind werden aber kontinuierlich Teile des Dammes abgetragen, bringen Sie deshalb jedes Jahr neue Erde bzw. Kompost auf. Wenn Sie mehrere Sträucher nebeneinander anbauen, können Sie zur Sicherung des Dammes auch eine einfache Holzverschalung befestigen.

DammpflanzungFoto: Volgenandt Eine Dammkultur fördert das Wachstum der Flachwurzler.

Da Stachelbeeren in der Natur in Misch­wäldern wachsen, kommen sie gut im Halbschatten zurecht. Dies ist bei sehr sonnenbrandanfälligen Sorten sogar von Vorteil. Pflanzen Sie sie zudem nicht in spätfrostgefährdete Lagen. Stachelbeeren kommen bereits früh im April zur Blüte, und Temperaturen unter ca. –2 °C können zum Totalverlust der Beeren führen.

Sehr positiv reagieren Stachelbeeren auf eine kontinuierliche Wasserversorgung. Zwar vertragen sie durchaus Trockenperioden, jedoch wachsen Pflanzen und Früchte dann schlechter und bleiben kleiner.

Da die Stachelbeere ihre Früchte am letztjährigen Holz bildet, hat ein schwaches Triebwachstum in diesem Jahr einen geringen Ertrag im nächsten Jahr zur Folge. Deshalb gießen Sie Ihre Sträucher in Trockenphasen – vor allem von April bis Juni, wenn die Pflanzen gleichzeitig Früchte und neue Triebe versorgen müssen.

Empfehlenswerte Sorten mit hoher Widerstandsfähigkeit gegenüber Mehltau und gutem Aroma unterscheiden sich vor allem beim Erntezeitraum und beim Ertrag.

Der klassische Beerenbusch

Überlegen Sie, welche Wuchsform Ihre Stachelbeere haben soll: Am häufigsten sind Stachelbeer-Büsche in Hausgärten zu finden – zugleich auch die einfachste Anbauform. Bei der Pflanzung – am besten im Herbst – wählen Sie etwa fünf kräftige Bodentriebe aus und kürzen sie um ein Drittel ein. Alle übrigen Triebe entfernen Sie bodennah.

In den folgenden Jahren lassen Sie dann immer wieder einzelne Bodentriebe heranwachsen, um alte Triebe zu ersetzen. Nach ca. vier Jahren trägt ein Bodentrieb nicht mehr gut und sollte abgeschnitten und durch einen jungen Trieb ersetzt werden. Überschüssige Neutriebe schneiden Sie im Frühsommer bzw. Winter bodennah ab.

Ziel ist es, über die Jahre einen möglichst luftigen Busch mit ca. zehn Haupttrieben zu erhalten. Ist der Strauch zu dicht, trocknen Blätter und Früchte schlecht ab, und pilzliche Schaderreger werden begünstigt. Außerdem haben Sie es bei dichten „Stachelsträuchern“ schwer, die Früchte zu ernten.

Beeren am laufenden Meter

Neben der Buschform können Sie Ihre Stachelbeeren auch als hohe Hecke erziehen. Hierbei lassen Sie pro Pflanze ein, zwei oder drei Haupttriebe stehen und binden diese an einem Gerüst auf. Je weniger Haupttriebe Sie wählen, desto höher ist der Fruchtansatz des einzelnen Triebes. Da Sie bei eintriebiger Erziehung auch den geringsten Abstand zwischen den Pflanzen haben, steigern Sie so den Ertrag pro Meter erheblich, haben allerdings auch etwas mehr Arbeit und benötigen mehr Pflanzen.

Beeren am laufenden MeterGrafik: Faltermayr (nach Vorlage Volgenandt) Beeren am laufenden Meter: Bei einer Stachelbeer-Hecke am Gerüst können Sie die Beerensträucher ein-, zwei oder dreitriebig erziehen. Beachten Sie dabei die unterschiedlichen Pflanzabstände.

Für eine hohe Stachelbeer-Hecke müssen Sie ein Gerüst zum Anbinden der Haupttriebe bauen. Hierzu fixieren Sie Holz- oder Metallpfähle im Abstand von 5–6 m im Boden und verbinden sie auf ca. 1,80 m Höhe mit einem Draht. Je nach gewünschter Erziehungsform wählen Sie bei der Pflanzung ein bis drei der kräftigsten Haupttriebe pro Pflanze aus und binden sie sofort an einen Stützstab, z.B. Bambusstab. Kürzen Sie die Triebe nicht ein, so wachsen sie schnell in die Höhe. Alle anderen Triebe entfernen Sie.

Stachelbeer-Hecken HaupttriebeFoto: mauritius images/David Burton/Alamy Bei Stachelbeer-Hecken binden Sie die Haupttriebe am Stützstab fest.

Ziel ist es, im dritten, spätestens vierten Standjahr eine Höhe von ca. 1,80 m zu erreichen. Dazu ist es wichtig, die Haupttriebe alle 5–10 cm am Stützstab zu fixieren, da Stachelbeeren sehr empfindlich auf Windbewegungen der Haupttriebe reagieren. Wie bei der Buscherziehung erfolgt auch hier ein Austausch der Haupttriebe nach vier bis sechs Jahren.

Eine dritte Wuchsform ist die Erziehung bzw. der Kauf eines Stämmchens. Allerdings gelingt es hier meist nicht, die Krone lange vital und luftig zu erhalten, sodass sie bald vergreist. Wenn Sie gute Ernten erzielen wollen, sind Stachelbeer-Büsche oder -Hecken die bessere Wahl.

Schnitt für volle ErntekörbeFotos: mauritius images/Johner Images/Alamy

Schnitt für volle Erntekörbe

Ob Hecke oder Busch, im Winter sollten Sie die Seitentriebe Ihrer Stachelbeeren schneiden. So tragen Stachelbeeren – wie auch Johannisbeeren – die schönsten Früchte am einjährigen Holz, also dem Trieb, der im Vorjahr gewachsen ist. Deshalb ist es wichtig, eine möglichst hohe konstante Trieberneuerung zu erreichen.

Hierfür schneiden Sie die Seitentriebe, an denen Sie dieses Jahr Früchte geerntet haben, im Winter auf ein Triebstück mit drei bis vier Augen zurück (sog. Zapfenschnitt). Von den neuen, in diesem Jahr gewachsenen Seitentrieben lassen Sie acht bis zehn stehen – das sind die Fruchttriebe für die kommende Saison. Ziel ist es, jedes Jahr pro Haupttrieb acht bis zehn Seitentriebe als Fruchtholz zu haben. Alle überzähligen neuen Seitentriebe schneiden Sie ebenfalls auf einen Stummel zurück. Bei jungen Pflanzen in den ersten zwei Standjahren ist es von Vorteil, weniger Seitentriebe lang zu lassen, um das Längenwachstum der Pflanzen zu verbessern.

Durch diese Maßnahmen können Sie über viele Jahre ein ausgeglichenes Verhältnis von Wachstum und Fruchtertrag erreichen und in jedem Sommer viele süße, aromatische Stachelbeeren genießen.

Sorte
Reifezeit
Frucht
Ertrag
Bemerkungen
‘Rokula’ früh (VI–VII) mittelrot, mittelgroß  gering bis mittel schwach wachsend, wenige Stacheln, robust gegenüber Mehltau
‘Invicta’ mittel (VII) gelb bis hellgrün, groß hoch stark wachsend, mittelmäßig bestachelt, gering anfällig für Mehltau
‘Redeva’ mittel bis spät (VII–VIII) dunkelrot, mittelgroß mittel bis hoch stark wachsend, wenige Stacheln, robust gegenüber Mehltau
‘Hinnomäki Rot’ spät (VIII) rot, klein mittel bis hoch mittelstark wachsend, wenige Stacheln, gering anfällig für Mehltau
‘Mucurines’ spät (VIII) hellgrün, klein mittel stark wachsend, wenige Stacheln, robust gegenüber Mehltau

 

Lästiger Pilz

Der Amerikanische Stachelbeermehltau (Spha­­erotheca mors-uvae) befällt Triebe, Blätter und Früchte und kann zum Verlust der kompletten Ernte führen. Wählen Sie daher für den Gar­ten unbedingt robus­te Sorten. Da es keine abso­lute Resistenz gibt, sollten Sie befallene Pflanzenteile, die Sie am weißen, mehlartigen Belag erkennen, sofort entfernen.


Stefan Volgenandt
Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt
für Wein- und Obstbau Weinsberg