• Firmenporträts

Tradition für die Gegenwart

Die lange Firmengeschichte von Sperli

Versuchsgarten in FüchtorfFotos (alle): Sperli GmbH Von Quedlinburg bis zum Versuchsgarten in Füchtorf – Sperli zählt heute zu den ältesten Unternehmen in der deutschen Saatgutbranche.


Samuel Ziemann Samuel Ziemann Es gibt nicht viele Unternehmen, die auf eine so lange Geschichte zurückblicken können wie der Saat­gut­an­bieter Sperli. Die Ursprünge des Fa­milien­unter­nehmens gehen zurück bis ins Jahr 1788. Damals begann ein gewisser Samuel Lorenz Ziemann in der Gärtnerei seines Vaters mit dem Anbau und Handel von Samen – und nicht etwa von Stecklingen, wie es damals üblich war. Ziemanns Schwiegersohn Gustav Andrees Sperling baute den Umfang des Sortiments noch deutlich aus. Sein Sohn war Carl Sperling, dessen Namen das Unternehmen lange trug. Mit seinem Bruder Gustav führte er das Unternehmen zu einer bedeutenden Größe. So kam Sperli schon damals zu einem hohen Ansehen im In- und Ausland – vor allem aufgrund seines besonderen Sortiments. Zum Erfolg des Unternehmens trug auch die Umsicht der Firmenleitung bei, ausschließlich sortenechtes Saatgut in den Handel zu bringen, um sich so von der Konkurrenz abzuheben.

Seine Ursprünge hat Sperli in Quedlinburg. Am Ostrand des Harzes gelegen ist der Ort so etwas wie die Wiege des deutschen Samenbaus. „Quedlinburg ist als Standort besonders gut für die Saatgut-Produktion geeignet. Hier gibt es nur sehr wenig Niederschläge – die Regenwolken bleiben meist im Harz hängen. Das ist wichtig, denn beim Samenbau ist die Produktion nicht mit der Ernte z.B. des Kohlkopfes erledigt, sondern die Pflanze muss bis zur Samenreife weiterkultiviert werden“, so Nicolaus Volmary, Geschäftsführer und Gesellschafter der Sperli GmbH.


Nicolaus Volmary Nicolaus Volmary



Klassiker im Sortiment

Aus der „gärtnerischen Samenzucht Ziemann-Sperling“ mit Sitz in Quedlinburg wurde die Sperli GmbH.Sie zählt heute zu den ältesten Unternehmen in der deutschen Saatgutbranche und kann auf einen über 230-jährigen Erfahrungsschatz zurückgreifen. Genug Zeit, um zu wissen, was hochwertiges Saatgut ausmacht. „Wir haben immer noch einige Sorten aus der Züchtung von Carl Sperling im Sortiment, z.B. die Möhrensorten ‘Rotin’ oder ‘Pariser Markt’. Sperling war aber auch auf der ganzen Welt auf der Suche nach Raritäten. Er pflegte etwa gute Kontakte zu Züchtern in Amerika oder Italien. Das war die Grundlage für den Aufbau seines einzigartigen Sortiments“, so Nicolaus Volmary.


Sperli Möhre Sperli Möhre
 

Neben den Karotten-Klassikern hat Sperli eine Vielzahl weiterer Sorten seit über 100 Jahren im Sortiment. Einige haben im Laufe der Zeit ihren Namen gewechselt, aber immer ihre besonderen Sorteneigenschaften behalten. Zu den „Oldtimern“ für den Garten zählen etwa die Puffbohne ‘Hangdown Grünkernig’, die Stangenbohne ‘Princess à rames type perle’, der Mangold ‘Rhubarb Chard’, die Möhre ‘Nantaise 2’, die Salatgurke ‘Chinese Slangen’, der Feldsalat ‘Holländischer breitblättriger’, die Tomate ‘Goldene Königin’, die Petersilie ‘Mooskrause 2’, das Basilikum ‘Italian Star’, die Kapuzinerkresse ‘SPERLI´s Goldranke’ oder die Sonnenblume ‘Gelber Knirps’.


Vertrieb von losem Saatgut 1967 Vertrieb von losem Saatgut 1967.


Andere Sorten sind aus dem Sortiment verschwunden, nicht aus Gründen der Qualität, sondern weil sich im Laufe der Zeit die Nachfrage der Kunden stark geändert hat. Zu Zeiten Ziemanns wurden etwa viele Kohlarten oder Salat-Sorten angebaut, darunter etwa der „weiße“ und „rote Kopfkohl“ oder der „Schottische Seekohl“. Denn bis vor einiger Zeit waren Sorten gefragt, die vor allem die eigene Ernährung sichern sollten. „Noch in den 50er Jahren waren die Hobbygärtner darauf angewiesen, ihr Gemüse selbst anzuziehen. Wenn man Gemüse zur Selbstversorgung anbaut, benötigt man Sorten, die zuverlässig sind und am jeweiligen Standort durchhalten. Denn nichts ist schlimmer, als dass ich mit dem Anbau im eigenen Garten die Ernährung der Familie sichern muss und es zu Ernteausfällen kommt. Deswegen wurden damals immer die besten, ertragssicheren Sorten angebaut, die robust waren und möglichst auch Resistenzen gegen bestimmte Krankheiten hatten. Diese Anforderungen waren auch bei der Züchtung oberstes Ziel, es wurde vor allem auf die Ertragssicherheit hin selektiert. So wurden eben Kohlarten, Rüben, Möhren oder Kohlrabi stark vertrieben, davon hat man die Familie dann auch satt gekriegt“, erläutert Nicolaus Volmary.

Anbau von gesundem Obst und Gemüse Heute geht es den Hobbygärtner vor allem um den Anbau von gesundem Obst und Gemüse. „Heute ist das anderes, die Ernährung ist gesichert, und in jedem Supermarkt gibt es Gemüse zu kaufen. Die Hobbygärtner von heute bauen ihr Gemüse an, weil sie gesundes Gemüse aus dem eigenen Garten haben möchten, das garantiert frei von Pflanzen­schutz­mitteln ist. Die vielen Lebens­mittel­skandale haben diese Entwicklung noch verstärkt.“ So ist heute – neben der Wider­stands­fähig­keit – der Geschmack das wichtigste Züchtungsziel. Es wird mehr genascht im Garten, den Selbstversorger gibt es nur noch selten. So werden etwa Tomaten oder anderes Naschgemüse angebaut.



Nur die Harten kommen in den Garten

Vorkultur für Anbautests Vorkultur für Anbautests. Schau- und Versuchsgarten in Füchtorf Schau- und Versuchsgarten in Füchtorf.
 

Aber wenn der Geschmack auch noch so gut ist, wird bei Sperli besonders Wert auf die Qualität gelegt. Sind neue Sorten nicht widerstandsfähig genug, kommen sie nicht ins Sortiment. Das Team von Sperli verlässt sich dabei aber nicht nur auf die Aussagen der Züchter, mit denen es weltweit zusammenarbeitet. Getreu dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ testen die Saatgut-Profis viele neue Sorten im eigenen Versuchsgarten in Füchtorf selbst.Die Keimfähigkeit der Neuheiten wird außerdem in Laborkontrollen geprüft. Nur Sorten, die hier überzeugen, werden in das Saatgut-Programm von Sperli aufgenommen. „Das oberste Gebot ist bei uns die Qualität. Bei uns kommt nur das Beste in die Tüte. Die Laborkontrollen und die Versuche auf unseren Probefeldern sind fester Bestandteil des Qualitätsmanagements“, so Volmary. Die hohen Ansprüche zahlen sich aus, neue Sorten und Artikel wie die Blumenmischung „Bienen-Mix“ oder die Tomate ‘Gourmelito’ sind bei anspruchsvollen Hobby­gärtnern äußerst beliebt.


Vielfalt und Innovationen


Saatband Das Saatband – eine der viele Innovationen im Hause Sperli.


Ein Unternehmen übersteht aber 230 Jahre auch nur, wenn es mit einer vielfältigen Produktpalette überzeugen kann. Bei Sperli legte man schon immer Wert auf ein vielfältiges Angebot. Das ist auch der Grund dafür, dass in der jüngsten Vergangenheit das Angebot um die Warengruppen Blumenzwiebeln, Rasensamen, Blumenmischungen und Jungpflanzen erweitert wurde. Heute besteht das Sortiment aus ca. 247 Blumen-, 275 Gemüse-, 107 Kräutersamen, etwa 53 Hülsenfrüchten, 14 Keim- und Grünsprossen und 8 Gründüngungsartikeln und vielem mehr. „Damit leisten wir auch ein wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Sortenvielfalt, da sehr viele traditionelle Sorten nur noch durch die Abfüllung für Hobbygärtner weitergezüchtet und erhalten werden“, erklärt Volmary.

Sperli ist heute auch eine der erfolgreichsten Marken für Qualitätssaatgut, da es das Unternehmen immer wieder geschafft hat, Innovationen auf den Markt zu bringen. Zu den wegweisenden Entwicklungen gehört etwa die Keimschutzpackung, mit der eine hohe Keimfähigkeit der Samen länger erhalten bleibt. Ebenso aus dem Hause Sperli stammt das Saatband, auf dem Saatgut eingebettet ist, um es einfacher aussäen zu können. „Wir waren eines der ersten Saatgutunternehmen, das Saatbänder auf den Markt gebracht hat. Man hat sich dafür Anfang der 70er Jahre die Textilfabrikation angeschaut und hat dieses Verfahren für die Verpackung von Saatgut übernommen“, so Volmary.


Pionier bei Bio-Saatgut

Bio MöhreWeniger bekannt ist, dass Sperli schon Ende der 1970er Jahre mit einem der ersten Bio-Saatgutprogramme auf den Markt kam. Schon damals begann man, Saatgut ohne die Hilfe von Pflanzenschutzmitteln anzubauen, und betrat dabei gärtnerisches Neuland, erklärt Volmary. „Damals wurden sehr viele Pflanzensschutzmittel eingesetzt, um den Ertrag zu sichern. Bei Sperli wollte man das Gegenteil machen und möglichst auf Pflanzenschutzmittel verzichten. Leider konnte sich das Produkt aber nicht am Markt durchsetzen, da die Nachfrage nur sehr gering war.“

Heute ist Bio-Saatgut besonders gefragt, und Sperli kann von seiner jahrzehntelangen Erfahrung profitieren. Im Bio-Saatgutprogramm mit dem Slogan „Bio – mein grünes Herz“ finden sich verschiedene Erbsen- und Bohnensorten, Tomaten, Salate, Gurken, Zucchini und Kürbis, Möhren, Kohlrabi, Radieschen, Rote Bete und viele Kräuter.


Neuanfang für die Zukunft


Werksgelände in Lüneburg 1978 Werksgelände in Lüneburg 1978.


Das Bio-Saatgutprogramm wurde am Standort Lüneburg aus der Taufe gehoben. Dorthin war das Unternehmen nach dem Zweiten Weltkrieg von Quedlinburg aus gezogen. Die politischen Verhältnisse in der sowjetischen Besatzungszone ließen eine freie, selbstbestimmte Produktion kaum noch zu. Heute befindet sich der Stammsitz des Unternehmens in Everswinkel bei Münster. Nach wirtschaftlichen Turbulenzen Anfang der „Nuller-Jahre“ und einer missglückten Übernahme durch einen französischen Konzern wurde Sperli 2011 von der Bruno Nebelung GmbH übernommen, die dort ihren Sitz hat. Nebelung ist vor allem durch die ebenso traditionsreiche Marke „Kiepenkerl“ bekannt.

Sperli Erntekorb Durch die Übernahme gelang es, Sperli wieder im Gartenfachhandel zu platzieren und die Traditions­marke vor dem Aus zu bewahren. Unter dem Dach der Bruno Nebelung GmbH können die Kompetenzen der beiden Traditionsmarken gebündelt werden. Der Marke „Sperli“ ist es so wieder gelungen, Hobby­gärtner durch Qualität und ein besonderes Sortiment zu überzeugen. Gute Voraussetzungen für die nächsten 230 Jahre!

sök