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Alte Gemüsesoren: Blattgemüse

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Alte Gemüsesoren: Blattgemüse


Junge Blätter und Triebe des SpinatbaumsFoto: Das Gartenarchiv/H.-J. Kahl Junge Blätter und Triebe des Spinatbaums sind besonders bei der Sorte ‘Magentaspreen’  magentafarben überhaucht. Erntezeit: Juni bis September.


Viele traditionelle Gemüsesorten sind aus dem Erwerbsanbau und damit vom Markt verschwunden – verdrängt von den ertragreicheren, modernen Hybriden. Leider, denn auch die alten Sorten haben ihre Qualitäten, und wir tun gut daran, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Sie wurden lange vor der Entwicklung des Kunstdüngers kultiviert und kommen daher auch ohne ihn gut über die Runden. Eine Eigenschaft, die sie für den Bioanbau prädestiniert – sowohl für den betrieblichen als auch den privaten.

Zudem sind viele historische Gemüse sehr gut an regionale Klima- und Bodenbedingungen angepasst und gedeihen an ihrem Ursprungsort oft besser als andere Gewächse. Aber auch alte Kulturpflanzen aus fernen Ländern kommen in unseren Gärten oft bestens zurecht. Im Folgenden möchte ich Ihnen eine Auswahl historischer Blattgemüse ans Herz legen, in der April-Ausgabe folgen dann Sorten von Fruchtgemüse.


Gemüseriese: Spinatbaum

Den Besuchern des Lehr- und Erlebnisgartens FlorAtrium in Bremen möchten wir immer Abwechslung bieten. Und so haben wir die neu gestaltete Kräuterecke im vergangenen Jahr mit dem Spinatbaum (Chenopodium giganteum) bereichert, einer in Europa noch recht unbekannten Erscheinung, die in Asien schon sehr lange kultiviert wird. Seine Blätter können Sie wie Spinat zubereiten.

Das Blattgemüse enttäuschte uns nicht: Es ereichte eine Höhe von 1,5 m; bei opti­maler Nährstoff- und Wasserversorgung soll der Spinatbaum bis zu 3 m hoch werden.

Im März/April wird in kleine Töpfe ausgesät. Sind sie durchwurzelt, kommen die Pflanzen am besten als Solitäre in den Garten. Von Juni bis September werden die Blätter geerntet. Die Zubereitung, roh oder gekocht, erfolgt wie beim vertrauten Feldspinat. Auch junge Blütentriebe und die kleinen Samen sind essbar.

Der Spinatbaum – meist wird die Sorte ‘Magentaspreen’ angeboten – schätzt einen nähr­stoff­rei­chen, feuchten und lockeren Boden sowie eine sonnige Lage und versamt sich leicht. Zum Winter ist es ratsam, besonders die jungen Exemplare mit Mulch gegen strengere Fröste zu schützen.


Bremer Scheerkohl

Bremer ScheerkohlFoto: Das Gartenarchiv/H.-J. Kahl Bremer Scheerkohl ist schnellwüchsig: Fünf bis sieben Wochen nach der Aussaat sind seine Blätter schnittreif. Im FlorAtrium nutzen wir den Bremer Scheerkohl (oder Scherkohl) gerne als Nachfrucht von Erbse und Bohne auf dem Hochbeet. Das Anbaugebiet dieses Schnittkohls (Brassica napus subsp. napus) erstreckte bis in die 50er Jahre über den Nordwesten der Republik. Er kommt mit Frösten gut zurecht und wird als erstes Blattgemüse des Gartenjahres schon im März gesät. Wer im Winter ernten möchte, sät im September aus (ins Freiland oder ungeheizte Gewächshaus, Reihenabstand 25 cm).

Am besten schmecken die jungen Blatt­aus­trie­be, die zeitig – fünf bis sieben Wochen nach der Aussaat – geerntet („gescheert“) werden. Ihr Geschmack ist leicht nussig. Die Zubereitung erfolgt wie bei Spinat, Wirsing oder Mangold.

 

Hingucker: Winter-Portulak

Blätter des Winter-PortulaksFoto: Flora Press/GWI Frisch gepflückt bereichern die Blätter des Winter-Portulaks unseren Speiseplan vom Spätherbst bis ins Frühjahr. Dieses in der kalten Jahreszeit gelegentlich auf Wochenmärkten angebotene Blattgemüse hat mich schon immer fasziniert! Seine runden, auf langen Stielen sitzenden, fleischigen Blätter sind einfach ein Hingucker. Winter-Portulak (Claytonia perfoliata), auch als Gewöhnliches Tellerkraut oder Postelein bekannt, eignet sich besonders für den Anbau im Frühbeet oder im Gewächshaus, wo Sie es als Nachfrucht von Tomate, Paprika und Gurke kultivieren können. Zur Keimung sind Temperaturen von unter 12 °C nötig. Wenn im Herbst die Nächte kühler werden, ist daher der ideale Zeitpunkt für die Aussaat. Bis Ende September, je nach Witterung Anfang Oktober, wird das einjährige Feingemüse unter Glas oder im Folientunnel ausgesät. Dabei sollten Sie einen Reihenabstand von 20 cm einhalten oder möglichst breitwürfig aussäen. Hier lässt es sich leicht unkrautfrei halten und gelangt – gerade bei einer späteren Ernte – ohne unerwünschte Begleiter wie Vogelmiere und Co. auf den Teller. Ernten können Sie vom Spätherbst über den Winter bis ins Frühjahr hinein.

Sobald die weißen Blütchen erscheinen, ist Winter-Portulak nicht mehr genießbar. Erlauben Sie ihm am besten erst gar nicht zu blühen, denn er neigt dazu, sich invasiv auszubreiten!

Mein Favorit für die Zubereitung: Winter-Portulak-Salat mit Walnüssen oder Pinienkernen.


Neuseeländer Spinat

Neuseeländer SpinatFoto: Flora Press/Otmar Diez Wunderbare Spinatalternative: Neuseeländer Spinat ist ein Eisenkrautgewächs. Weil es nicht „schießt“, können Sie seine Blätter den ganzen Sommer über ernten. Samen dieses Blattgemüses brachte Kapitän James Cook von einer Forschungsreise im Jahr 1770 nach England. Schnell erwies sich der Neuseeländer Spinat (Tetragonia te­tra­go­ni­oi­des) als wunderbare Alternative zum „nor­ma­len“ Spinat, der bei einer Som­mer­aus­saat schnell in Blüte geht. Neu­see­län­der Spinat „schießt“ jedoch nicht.

50 bis 70 Tage nach der Aussaat ist mit der ersten Ernte zu rechnen. Damit ist seine Kulturzeit etwas länger als die des klassischen Spinats (40 Ta­ge). Dieser wird direkt ins Freiland gesät, „Neuseeländer“ dagegen für eine frühe Ernte von Mitte Februar bis April im Haus auf der Fensterbank vorgezogen. Lassen Sie die Samen 24 Stunden vorquellen, dann legen Sie jeweils zwei bis drei in einen Topf (10 cm) und bedecken sie leicht mit Erde.

Die Jungpflanzen kommen zunächst ins Frühbeet oder verbleiben bis nach den Eisheiligen auf der Fensterbank. Erst danach ziehen sie an einen sonni­gen Standort ins Freiland um. Hier braucht das bis zu 60 cm hohe Gemüse viel Platz (Pflanzabstand 60 cm) und für eine reiche Ernte eine gute Wasser- und Nähr­stoffversorgung. Die Pflanzen samen sich selbst aus.

Von Anfang Juli bis in den Herbst werden die Blätter laufend geerntet. Beim ersten Mal schneide ich die Triebspitzen mit vier bis fünf Blättern ab. Das fördert die Bildung neuer Triebe. Neuseeländer Spinat wird roh genossen oder gekocht wie Spinat zubereitet. Auch das Einfrieren lohnt sich.


Sortenvielfalt bewahren

Fazit: Dass moderne Hybriden höhere Erträge versprechen, sollte uns Gartenfreunde nicht davon ab­halten, auch die alten Kulturpflanzen anzubauen. Wie unsere Beispiele zeigen, bereichern sie die Anbaumöglichkeiten im Gemüsegarten und den Speiseplan.

Zudem können wir dazu beitragen, zum Teil selten gewordene Sorten zu erhalten und neuen Gärtnergenerationen die Geschichte unserer Kulturpflanzen lebendig und schmackhaft zu vermitteln.

Hartmut Clemen
Landesfachberater des Landesverbandes
der Gartenfreunde Bremen

 

Bezugsquellen


Bio-Saatgut Gaby Krautkrämer
www.bio-saatgut.de
Tel. 0 93 31/9 89 42 00

Dreschflegel
www.dreschflegel-saatgut.de
Tel. 0 55 42/50 27 44

Kiepenkerl
www.nebelung.de
Tel. 0 26 61/9 40 52 84